“Mit ihr war alles einfacher, unbeschwerter. Ich war super voll und bin dann mit ihr abgestürzt. Ich will das alles selber nur noch vergessen.”
Ich kann mich noch ganz genau erinnern, wie mir mein Freund erzählte – oder sagen wir besser: “gestand” – dass er fremdgegangen war. Es war so offensichtlich, dass ihm nichts anderes übrig blieb. Nachdem ich die unschöne Wahrheit erfahren hatte, konnte ich ihm nicht mehr in die Augen blicken, so verkehrt fühlte es sich an. Mir kam alles, was davor gewesen war, vor, wie eine riesengroße Lüge vor. Hatte er mich womöglich noch öfter betrogen? Bei uns war danach erst einmal Funkstille und ich war mir eigentlich ziemlich sicher, nie wieder etwas von dieser Person, die mich so belogen, so hintergangen hatte, und die so leichtfertig mit meinem Vertrauen umgegangen war, hören zu wollen.
Egal ob ich bei der Arbeit, bei Freunden oder beim Sport war, meine Gedanken drehten sich im Kreis und waren ständig in dieser einen Nacht, als ich im Urlaub und mein Freund mit einer Anderen, die er kaum kannte, im Bett, war. Vorher (oder währenddessen?) schrieb er mir noch, er würde mich vermissen und sich so darauf freuen, mich nach seinem Urlaub wiederzusehen. Später die Wahrheit zu erfahren, hat mich wahnsinnig verletzt.
Mir ging es tagelang so elendig, dass ich kein Essen bei mir behalten konnte und immer wieder – selbst bei der Arbeit – losweinen musste. Weil es so gar nicht besser wurde, kam ich irgendwann darauf, dass mein Freund mir wohl doch noch eine ganze Menge bedeuten musste, wenn ich so darunter litt. Ich beschloss, ihm zu “verzeihen”. Aber kann man das überhaupt beschließen?
Wie wichtig ist Treue heute noch?
“Wenn man betrogen wurde, sollte man sich immer zwei Fragen stellen: Warum ist es passiert? Und warum ist mir Treue überhaupt so wichtig?”, sagt Sexual- und Paartherapeutin Susanna-Sitari Rescio.
Warum wurde ich betrogen? Ich denke, es lief zu der Zeit nicht besonders gut. Mein Freund und ich waren nicht gut darin zu streiten. Wenn mich etwas störte und ich es ansprach, zog er sich zurück. Damit reizte er mich, die Konflikte immer sofort auf der Stelle lösen will, noch weiter; ich wurde richtig zickig und unsere Streitereien schaukelten sich immer weiter hoch. So sehr, dass wir immer seltener zusammen lachten, und wenn wir jetzt zusammen waren, war diese Unbefangenheit von früher verschwunden. Es fühlte sich an, als sei etwas ‘Unausgesprochenes’ zwischen uns. Dieses Unausgesprochene ist es wohl, das sich den einen Abend als „Ausrutscher“, als „Betrug“, endgültig zwischen uns schob.