„Mama, ich kann nicht mehr!“ – Meine Beziehung mit einem Kokser

Ihr Lieben,

passend zum Start in die Weihnachtsszeit möchte ich, als absolute Christmas-Lover-Maus, euch gerne eine sehr persönliche Geschichte erzählen. Um diese Zeit, genau genommen eine Woche vor Heiligabend vor zwei Jahren, habe ich eine für mich unglaublich gefährliche und toxische Beziehung beendet. Und seitdem kommt die Geschichte immer wieder hoch. Ich bin ja keine Psychologin – Hier geht es also ausschließlich um meine Gefühle. Um meine Gefühle für einen Mann mit Drogensucht, mit dem ich eineinhalb Jahre zusammen war.

Wart ihr schon mal mit einer Person zusammen, die drogenabhängig ist? Oder seid es vielleicht selbst? Ich bin vor wenigen Jahren erst in die Stadt gezogen und musste mich erst mal mit dem anscheinend teilweise völlig verharmlosten Umgang mit Kokain in Hamburg zurechtfinden. ❄️ 😅 Ich selbst habe nämlich noch nie gekifft oder etwas anderes genommen. Wahrscheinlich hat mir das anfangs echt Angst gemacht, aber mittlerweile sehe ich ziieeeemlich schnell, ob jemand etwas gezogen hat. Grund dafür ist meine letzte Beziehung…

Der Anfang mit meinem Ex war wirklich schön, sonst hätte ich mich ja nicht verknallt. Er hatte etwas ganz besonderes an sich, war sehr offen und hatte diesen Ich-bringe-alle-ungewollt-zum-Lachen-Humor. Ihm schien nichts peinlich zu sein. Und das hat mich voll umgehauen. Wir hatten so viel Spaß und eine unglaublich gute Zeit. So gut, dass ich nach drei Monaten bei ihm einzog.

Aber da war noch mehr. Ich wusste nicht warum, aber seine Art war irgendwie speziell. Ich habe es so genossen, endlich mal mit einem „erwachsenen“ Mann auszugehen, der nicht eifersüchtig wurde, auch gerne mit mir ZUSAMMEN feiern ging und immer super lustig mit meinen Freundinnen und mir war. Trotzdem fragte ich mich natürlich ab und zu: ‚Wie kann der so viel Alkohol trinken und trotzdem so nüchtern wirken? Warum wird er trotzdem so anhänglich und redet manchmal fremde Menschen echt in Grund und Boden? Teilweise ist er einfach so over the top und übergriffig…‘

Leise rieselt der Schnee ❄️

Ihr ahnt es schon… Trommelwirbelllll! Badumtssssss! Die Antwort ist pulverartig und in kleinen Tütchen erhältlich. Kokain. Eine wirklich gut räudige (Sorry!) Droge. Gestanden hat er es mir nach neun Monaten und ich war völlig überfordert. Ich wollte damit nichts zu tun haben und habe mir selbst IMMER versprochen: Claire, wenn du mal an SO EINE Beziehung gerätst, dann beendest du es sofort. Jap, nicht wirklich. Ich bin einfach geblieben. Ich kann gerade nicht anders, als zu lachen. Ich war so hoffnungsvoll und bin einfach geblieben! Weil ich ihm helfen wollte. Ich wollte ihm einen Grund geben aufzuhören. Aber das tat er nicht.

Und ab diesem Zeitpunkt begann sich der immer wieder gleiche Streit einzuschleichen. Es kam langsam, aber machte viel mit mir: Abende, an denen er ohne mich wegging, um mit seinen Jungs zusammen zu sein, wurden zur wöchentlichen Zerreißprobe. Ich sei eine Spielverderberin. War ich das? Ich wollte nur, dass er da wieder rauskommt.

Nächte, in denen ich stündlich wach wurde, weil er nicht erreichbar war und einfach nicht nach Hause kam. Nächte, von denen ich im Nachhinein glaube, dass er mich durchaus betrogen haben könnte. Dann die Morgen, an denen ich Freunde anrief – auch irgendwann bei seiner Schwester nachfragte. Schließlich war er mehrmals die Woche unterwegs und ging auch noch weiter, alleine ins „Pal“, wenn seine Freunde schon weg waren – teilweise tauchte er erst mittags am nächsten Tag auf. Und dann kam er rein, sagte „Hallo, Schatz! Alles gut?“ und wollte nur schlafen. Er sei genervt und erschöpft.

Während in mir tausende Emotionen ausbrachen, brachte ich ihm Wasser und Kopfschmerztabletten ans Bett. Einmal klappte er draußen vor der Tür sogar zusammen und ich musste ihn in die Wohnung schleppen. Oder seine Freunde haben nachts geklingelt, weil er noch im Club war und angeboten hatte, dass die Jungs bei uns schlafen könnten. Lauter solche Sachen. Schließlich war es so weit, dass ICH an seinem Geburtstag völlig besoffen im Club sagte, dass ich es anders nicht mit ihm und seinen Freunden aushalten würde (Ich würde gerne zurück und mich in diesem Moment in den Arm nehmen). Ich hatte einen völligen Absturz…

Mama, der Mann mit dem Koks ist wieder da!

Um meine Gefühle ging es nie. ICH war nämlich an allen restlichen Tagen nüchtern. ICH erlebte diese Abende, Nächte und Morgen in Echtzeit und war mit meinen Gefühlen alleine. Mir kommt gerade schon wieder die Wut hoch… Telefonate mit meiner Mama, irgendwann täglich, in denen sie völlig verzweifelt versuchte herauszufinden, was los war. Aber ich sagte nichts. Ich weinte einfach. Ich sagte: „Mama, ich kann nicht mehr“. Irgendwann jeden Tag. All das Charisma, die Offenheit, der Witz und die Kommunikation – das war alles nicht er. Das war sein Koks-Ich. Und in das hatte ich mich verliebt. Er brauchte Drogen, um locker und emotional zu sein. Und ich gab ihm Chancen, mir sein wahres „Ich“ zu zeigen, aber er konnte es nicht! Oder wollte er es nicht? Ich konnte es aber einfach nicht lassen, IHN nicht verlassen. Ich suchte Hilfe bei seiner Familie und seinen Freunden. Alle schienen es zu wissen, aber nicht so „eng zu sehen“. Ich war so verzweifelt. 😶

Den Tiefpunkt bezeichnete für mich ein Abend, an dem er voll auf Drogen auf der Arbeit war, dann (wie immer) völlig zugedröhnt dennoch ins Auto stieg, einen Rückspiegel abfuhr und dann dachte, er könnte mich darüber anlügen. I mean… WTF. Ich dachte wirklich, dass ich überreagiere, ihm seinen Spaß nicht gönne, ihn maßregele – So, wie er mir das monatelang vorgeworfen hatte. Wir stritten uns und er fing an, mich so anzubrüllen und zu beleidigen, dass ich auch völlig ausflippte. Wir stritten und stritten und irgendwann griff er nach seinem Vorrat an Bargeld (mit dem er den Scheiß wahrscheinlich kaufte) und schmiss Scheine UND MÜNZEN durch das gesamte Wohnzimmer und auf mich drauf. Ich sei super langweilig, absolut nutzlos, egoistisch, fake und er würde mir all sein Geld geben, wenn ich ihm endlich seinen Spaß lasse… Ich realisierte gar nicht, was da gerade passierte. Und diese Situation und das, was währenddessen in mir kaputtging, das werde ich ihm nie ganz verzeihen können.

Das Ganze dauerte mit Sicherheit zwei Stunden und er wurde so cholerisch, laut, lief rot an, dass ich mich schließlich im Schlafzimmer einsperrte. Stille für einige Minuten. Dann hörte ich ihn weinen und wimmern. Und ich dachte mir: ‚All seine Freunde sehen das nicht. Seine Familie unterschätzt das. Aber das hier?! Das ist real. Dieser Mann ist völlig im Arsch.‘ Und anstatt Angst vor ihm zu haben, stand ich auf, ging zu ihm und er weinte und stammelte von Liebe, er war völlig verzweifelt. Er war ein Schatten. Da wusste ich: Er wird die Drogen IMMER gegen mich in Schutz nehmen. Während ich helfen wollte, sah er das als Angriff. Ich hatte keine Chance. Ich würde NIEEEEMALS gegen die Drogen in seinem Leben ankommen. Und als ich das erkannte, da wollte ich nur noch schreien. ich wollte ihn schütteln, weglaufen, irgendwas tun. Aber äußerlich zeigte ich nichts davon. Traurig, oder?…

„Du hast doch nichts auszustehen!“ 😐

Wisst ihr, dass mir hier gerade wieder so die Tränen kommen? Ich war erst verdammte 21. In dem Alter sollte eine Beziehung doch leicht sein! Ich wollte so etwas nie und ich habe das Gefühl, dass ich mich selbst verraten habe, als ich bei ihm blieb. Dadurch war mein Selbstbewusstsein in eine gigantische Abwärtsspirale geraten. Weil, wenn man ein bisschen was aushält, dann hält man jedes mal ein bisschen mehr aus. Und ich hatte absolut kein Umfeld, in dem so etwas normal war. Ich hatte vorher nie Kontakt und Erfahrungen mit Drogen…

Das alles war zur Weihnachtszeit – alle schlenderten über die Märkte, tranken Glühwein und lachten miteinander. Und ich hasste meine liebste Zeit des Jahres einfach nur so sehr. Ich weinte jeden Tag. Ich weinte in der Küche und unter der Dusche, weil er immer nur fragte, was ich denn hätte. Und dann kam jedes mal der Satz: „Du hast doch nichts auszustehen!“ Really? Das ist der Anspruch an eine Beziehung?

Ich erzählte schließlich alles meiner Mama (Wichtig!) und sie versprach mir, dass ich bitte jederzeit gehen könne, wenn es mir in der Beziehung nicht gut ginge und dass sie mir versichern kann, dass nur er das selbst in den Griff bekommen könne. Ich solle schnell gucken, dass ich nicht noch mehr seelischen Schaden nehme. Wie ging es also weiter? Die Ironie ist ja, dass mein Exfreund auch wirklich liebenswerte Züge hatte. Er war ein sehr aktiver Mensch, kochte gerne und kochte auch viel für mich. Wir haben viel unternommen. Er sagte mir immer, wie wichtig ich ihm sei. Er holte mich ab und war immer an Ort und Stelle, wenn ich ihn brauchte. Naja, solange er nüchtern war.

Schluss machte am Ende ER. Auf dem Weihnachtsmarkt. Love it. Welch‘ Ironieee!! 🎄 Und entgegen seiner späteren Auffassung, dass das alles nicht gültig sei, weil er auf Koks war, nahm ich diese Gelegenheit gerne wahr. Ich selbst war nämlich so schwach und fertig, dass ich diesen Schritt aus eigener Kraft vielleicht erst Wochen später geschafft hätte. Ich rief meine Freundin an, sie bretterte direkt zum Ort des Geschehens und sammelte mich ein. Solche Freundinnen braucht man! Nach zwei Tagen bei ihr zuhause ohne Appetit fühlte ich erstmal eine Zeit lang nichts. Nicht an Weihnachten. Nicht an Silvester. Ich glaube, dass ich nach all den Monaten erstmal klarkommen musste und weil ich so viel zu verarbeiten hatte, macht ich erst mal komplett dicht.

Es dauerte ein paar Wochen, bis er akzeptierte, dass wirklich Schluss war. Ich konnte anfangen zu heilen. Dank meiner Freundinnen, meiner Familie und auch mir selbst. Und deshalb denke ich seitdem immer wieder zur Weihnachtsszeit darüber nach, wie stark ich bin. Also for real. Was ich alles fähig bin zu ertragen. Nicht, dass dieser traurige Fakt irgendwie schön zu reden ist. Aber man kann jede Eigenschaft in eine positive Richtung lenken. Und ich denke daran, dass ich mich selbst immer beschützen sollte. Das schulde ich mir. Das ist super wichtig. 🌟

Und das Ende der Geschicht‘: Ignoriert eure psychische Gesundheit nicht ❤️

Bitte versteht mich nicht falsch: Mittlerweile haben besagter Ex und ich uns ausgesprochen, er kennt sogar meinen neuen Freund (Unser erstes Date war gleichzeitig das erste Mal, dass ich den Ex nach der Trennung zufällig getroffen habe – super strange) und ich freue mich, wenn ich ihn sehe und es ihm gut geht. Es ist nicht mehr meine Verantwortung. 🙏🏻  Er hat seine Gründe und er hat seine Probleme. Und ich verstehe, dass mein Ex gekokst hat. Aber ich weiß jetzt: Ich verdiene mehr. Ich verdiene Respekt und vor allem einen Freund, dessen Charakter auch wirklich ER ist. Und ich denke, den habe ich gefunden…

Warum habe ich euch diese sehr persönliche Geschichte erzählt? Weil ich weiß, dass ich nicht versagt habe und auch nicht als Einzige so eine Beziehung miterlebt habe. Es sollte normal sein, über solche Erfahrungen zu sprechen und sich Stärke zuzusprechen. Es ist menschlich, nicht alles direkt richtig machen zu können. 💥

Und mit diesen Schlussworten beende ich diese etwas andere Story und fühle mich gut damit. Vielleicht hat mir das noch gefehlt – es einfach mal nüchtern (ha ha ha…) zu erzählen. Wer weiß, vielleicht traue ich mich heute zum ersten Mal seitdem mal wieder auf einen Weihnachtsmarkt… ❤️

Credits: Pexels

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