Wenn ich mich in meinem Freundeskreis so umschaue, sehe ich vor allem eins: tolle, herzensgute und noch dazu wirklich attraktive Menschen, die sich eigentlich nichts lieber wünschen, als ihren „Ride or Die“ zu finden. Eine*n Partner*in an ihrer Seite, mit denen sie durchs Leben gehen können, jemanden, mit dem sie gemeinsam wachsen und Hürden meistern können. Jemanden, mit dem sie irgendwann „settlen“ können. Eine Bonnie zum Clyde und andersrum.
Ich sehe das, weil ich diese Menschen gut kenne. Würde ich das nicht tun, sähe ich vermutlich erstmal das Gegenteil. Es sind vor allem die Jungs (sorry), die nach jedem Wochenende berichten, sie hätten „die heftigste Frau“ kennengelernt – sei es beim Feiern, auf Tinder, Instagram, oder einfach, weil sie den Freundeskreis durchgereicht wird. Viel länger als ein paar Wochen, wenn’s gut läuft, hält diese Infatuation meistens nicht an. Und dann ist eben die Nächste dran.
Von einer belanglosen Geschichte zur nächsten zu hüpfen, ist heutzutage nicht wirklich schwer, und das gilt unabhängig vom Geschlecht. Unverfänglichkeit ist zum Aushängeschild des Individuums geworden. Bloß nicht festlegen. Könnte ja was Besseres kommen. Klassiker. Und alle brüsten sich mit ihrem Jagdverhalten, ihrem Junggesellen-Dasein. Wer macht die Heißesten klar, wer landet bei den Begehrtesten? Dabei sitzen sie in einer ruhigen Minute zu Hause und wünschen sich nichts anderes als das oben Genannte. Zu einem dieser Spezialisten, gerade 30 geworden, sagte ich gestern: „Wenn du dir Frau und Familie wünschst, wieso benimmst du dich nicht dementsprechend?“ Es war eine simple, naheliegende Frage, und doch schien sie irgendetwas in ihm ausgelöst zu haben, worüber er den Rest des Abends nachdachte. Ja, warum eigentlich nicht?
„Und, wonach suchst du so?“ – Schon da geht’s bergab
Diese Frage fällt früher oder später – meistens früher – in fast jedem Tinderchat oder Date-Gespräch. Und, naja, aus eigener Erfahrung und Erfahrungen zahlreicher Menschen, mit denen ich mich darüber unterhalte, würde ich behaupten, dass der deutliche Hauptteil der Leute diese Frage so oder so ähnlich beantworten: „Ach, nichts Bestimmtes. Mal schauen, was passiert. Prinzipiell will ich erstmal Spaß haben, aber man weiß ja nie, ob sich nicht doch noch was ergibt.“
Warum sagen wir DAS, wenn wir doch eigentlich sagen wollen: „Ich fände es total schön, eine*n Partner*in an meiner Seite zu haben“. Versteht mich bitte nicht falsch, es ist ein schmaler Grad zwischen ehrlicher Kommunikation von Bedürfnissen und dem Risiko, verzweifelt auf der Suche nach jemandem zu sein, der einen vermeintlich „komplettiert“ (dazu gleich mehr). Doch, wenn wir von Anfang an eine falsche Maske aufsetzen, wie sollen wir dann das bekommen, was wir möchten?