Warum es wichtig ist, über die Vergewaltigungsszene in „Bridgerton“ zu sprechen…

Ihr merkt es selbst, Freunde: Die „Bridgerton“-Themen werden hier so langsam immer weniger und weniger. Wir haben aber mittlerweile auch gefühlt echt alle Facts und Dinge zum Netflix-Mega-Hit auseinandergenommen und unsere Liebe zum Duke of Hastings mehr als einmal genussvoll hervorgehoben (bitte hier und hier entlang). Und klaaaaaar, wir sind alle natürlich auch kurz mal ausgeflippt, als Lady Whistledown uns zugeflüstert hat, dass die 2. „Bridgerton“-Staffel ganz offiziell stattfinden wird 🎉 – mit Anthony im Mittelpunkt.

Und doch gibt es da so eine Sache, die uns seit Beginn der Show (und bei all der übersprudelnden Freude drumherum) irgendwie ziemlich sauer aufstößt. Immer noch. Und deswegen müssen wir da jetzt einfach nochmal ausführlich drüber sprechen. Gerade auch, weil diese besagte Sache da draußen immer noch so, sooo viele Leute beschäftigt. Wir reden von der Vergewaltigungsszene in Folge 6. Vergewaltigung? In „Bridgerton“? Bei einigen von euch kommen gerade vielleicht genau solche Gedanken hoch. Doch allein das zeigt, dass diese Szene leider viel zu krass untergegangen ist. Und bei all den anderen Schlagzeilen für zu wenig Aufschrei gesorgt hat. Dabei sollte sie das.

Also nehmen wir die Szene nochmal auseinander. Kurze Einordnung vorab: In Episode 6 vögeln sich Daphne und Simon quasi von einem Örtchen zum nächsten (zum Ranking aller sexy Szenen kommt ihr by the way hier). Jedes Mal zieht Simon, kurz bevor er kommt, seinen Penis raus. Wir alle wissen natürlich, warum. Er will keine Kinder haben. Den Schwur hat er sich vorm Tod seines gehassten Vaters ja quasi selbst auferlegt. Das weiß Daphne, die von Sex so GAR KEINE Ahnung hat, allerdings nicht. Doch irgendwann dämmert ihr, dass das mit dem Rausziehen nicht normal ist. Und damit wären wir auch bei der besagten Szene.

Daphne übernimmt hier beim Sex das erste Mal selbst die Führung. SIE ist der dominante Part und oben, was wir geil finden. Und der Duke auch. Innerlich haben wir bei diesen Sequenzen (anfangs!) echt stolz jubiliert. Doch dann nimmt die Sache plötzlich eine völlig falsche Richtung an. Denn irgendwann checkt Simon natürlich, dass er in dieser Position nicht so easy den Penis rausziehen kann wie sonst. Das Entsetzen darüber ist ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Daphne ist sich dessen durchaus bewusst. Doch auch sein „Warte, warte… Daphne“ ignoriert sie, bis Simon schließlich zum Orgasmus kommt. In ihr.

Man darf die Vergewaltigungsszene in „Bridgerton“ nicht einfach so umkommentiert lassen…

Das ist eine Vergewaltigung. Und dabei ist es auch nicht von Bedeutung, dass Simon am Ende gekommen und zu Beginn noch mit dem Sex einverstanden ist. Denn genau das hat sich im Laufe des Aktes verändert. Simon hat Daphne klar zu verstehen gegeben, dass er an dieser Stelle so nicht weitermachen möchte. Nonverbal (mit panisch aufgerissenen Augen) und auch direkt mit unmissverständlichen Äußerungen. Und trotzdem (mit dem Wissen über seine Ablehnung) hat Daphne die Sache fortgesetzt.

Doch wisst ihr, was genauso so schlimm ist? Wie anschließend damit umgegangen wird. Nämlich eigentlich gar nicht. Daphne konfrontiert Simon sofort mit seiner „Ich kann keine Kinder bekommen“-Lüge, was zum Mittelpunkt ihrer Diskussion wird. Was gerade vorher im Bett zwischen ihnen passiert ist, geht dabei völlig unter. Und wird, soweit wir uns gerade erinnern, auch nicht wieder hochgeholt. Das ist scheiße. Zwar wird mit Lady Whistledowns Kommentar in der Off-Stimme angedeutet, dass Daphnes Tat falsch ist (Verzweifelte Zeiten mögen nach verzweifelten Taten schreien, doch ich wette, dass ihre Taten für viele die Grenzen des Erlaubten überschreiten. Möglicherweise dachte sie, keine Wahl zu haben. Oder sie kennt keine Skrupel. Doch ich frage sie: Kann der Zweck jemals solch schäbige Mittel heiligen?), aber eben auch nur indirekt. Hier hätte mehr passieren müssen. Vergewaltigungen dürfen nicht einfach totgeschwiegen werden. Dieser Meinung sind auch viele Leute auf Twitter und Co., die die Szene krass verurteilen. Genauso wie die Zuschauer*innen, die einfach über die Vergewaltigung hinwegsehen oder sie ignorieren. Einige sehen den Grund dafür übrigens auch darin, weil der Mann hier mal in der Opferrolle ist.

Deswegen Unterscheidungen zu machen, ist natürlich absolut falsch. Und genau aus diesem Grund wäre es so wichtig gewesen, diese Szene zwischen all den anderen nicht einfach so verschwinden zu lassen. Ganz nach dem Motto: Jo, ist halt passiert. Aber reden wir lieber über Simons Lüge. Das ist ja viel viel Schlimmer. Und Daphne muss eh die Gute bleiben. 

Ne. Da ist der Trubel im Netz also durchaus verständlich. Und auch wenn man sich Interviews von Verantwortlichen zu dem Thema anschaut, fragt man sich, ob sie die ganze Thematik nicht etwas zu sehr runterspielen. Intimitätskoordinatorin Lizzy Talbot sagte gerade erst im Interview mit Tyla Folgendes über die Szene: „Es kommt zu einer unsichtbaren Machtverschiebung, bei der [Daphne] weitaus mehr Kontrolle hat als jemals zuvor. Sie hat sicher die Führung übernommen und es war wirklich wichtig, das zu vermitteln“. Alles gut und schön. Aber wäre es nicht noch wichtiger gewesen, auf diese Szene zu reagieren? Und zwar in der Hinsicht, dass Daphnes Handeln einfach schlichtweg falsch ist?

Regisseur Chris Van Dusen merkte zwar in mehreren Interviews bereits an, dass man diese Sexszene vorab durchaus sehr ausführlich diskutiert und sogar entschärft hätte (im Buch macht Daphne Simon sogar betrunken), doch das richtige Verständnis scheint irgendwie trotzdem zu fehlen. Das denkt man vor allem auch in seinem Interview mit Decider. Dort spricht Van Dusen nämlich vor allem erneut von Daphnes Entwicklung. „Ich denke, das ist ein weiterer Schritt in ihrer Verwandlung von einer Frau, die nichts über Sex weiß. (…) Diese Szene ist wirklich ein wesentlicher Bestandteil ihres Lernens.“ Aber einen sexuellen Übergriff mit „Lernen“ gleichzusetzen, sehen wir hier gerade doch als SEHR problematisch an. „Wir waren der Meinung, dass die weiblichen Charaktere in dieser Show – insbesondere Daphne – genau das tun dürfen. Sie sollte fehlerhaft sein. Sie sollte in der Lage sein, fragwürdige Entscheidungen zu treffen“, sagte er darüber hinaus im Interview mit Esquire. Und klar, das unterschreiben wir sofort. „Bridgerton“ ist schließlich Fiktion. Figuren dürfen Dinge machen, die nicht moralisch vertretbar sind. Sonst würde in Krimis schließlich auch nie wieder einer abgestochen werden.

Und trotzdem hätten wir uns bei einem solch sensiblen Thema (gerade aktuell in Zeiten von #MeToo) mehr Tiefe gewünscht. So etwas darf einfach nicht verharmlost werden. Um also eins von Van Dusens Statements im Interview mit Decider zu revidieren (dort sagte er nämlich ebenfalls, dass sie es in die Hände der Zuschauer*innen legen wollten, was diese aus der Szene mitnehmen wollen): Ganz klar: Nope. Denn dass das Gesehene eine Vergewaltigung (und mit nichts zu entschuldigen) ist, steht außer Frage. Und das hätte in „Bridgerton“ auch viel viel expliziter kommuniziert werden müssen…

Credits: LIAM DANIEL/NETFLIX, Twitter/ Bridgerton rape

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