Manchmal hat mein Leben eine gefühlte Geschwindigkeit von 280 km/h. Leben auf der Überholspur. Automatisch versuche ich alles, was ich tue, anfasse und ausstrahle so nah wie möglich an Perfektion heranzuführen. Von den größten Banalitäten bis hin zu den wirklich großen Dingen – alles sollte, wenn es nach mir geht, mit einem großen „Boom“ perfekt sitzen und einschlagen.
Ich bin erst 22 und trotzdem greife ich Tag für Tag nach den Sternen. Das ist eigentlich eine schöne Eigenschaft, oder? Im Studium nur Bestleistungen abliefern, im Job immer Vollgas geben, mit Laptop, Handy und Notizbuch in der Hand zwischen Flugzeug und Zug will ich immer für alle erreichbar sein und Sprosse für Sprosse das Karrieretreppchen hochklettern. Mit meinen Worten würde ich dabei am liebsten die Welt verändern. Zusätzlich ein sicherer Hafen sein für Freunde und Familie und ihnen ein gutes Gefühl vermitteln. Gesund leben, mich bis oben hin mit grünem Zeug vollstopfen, super in Shape sein. Meine Wohnung so sauber halten, dass sie jederzeit „instagrammable“ wäre. Und dann, so ganz nebenbei, fände ich es auch noch ganz nett, die Umwelt zu retten, alle zu mehr Bewusstsein und sozialem Verhalten zu bekehren und jeden einzelnen zu schütteln und zu sagen: Seid endlich bessere Menschen!
Mein Kopf ist dann wie ein großer Haufen Matsch, in dem sich tausende Menschen an einem winzigen Platz versammeln, ihre Stimme erheben, sich anschreien und diskutieren, weil jeder einzelne seinen Standpunkt vertreten und seinen Willen durchsetzen will. Das kann ganz schön laut werden. Kennst du das? Das Gefühl, im hausgemachten Chaos zu versinken? In einer Flutwelle aus Gedanken zu ertrinken? Und dann schaust du dich um, siehst die anderen Menschen und denkst dir: Wieso hab ich’s so schwer und die anderen so leicht? Und denkst du manchmal auch, du seist der einzige Mensch auf der Welt, dem es so ergeht?
Du und ich, wir sind schon mal zu zweit, und wir sitzen gemeinsam im selben Boot