Wie man mit einer Trennung umgeht, wenn man niemals richtig zusammen war

Ich sehe noch heute das überraschte Aufblitzen in seinen Augen vor mir. Es hat sich eingebrannt in meine Erinnerung. Von diesem Moment, als ich angetrunken, hochgradig emotional plötzlich und ohne Vorwarnung davon zu stammeln begann, dass das hier gerade (was auch immer es auch gewesen sein mag) alles keinen Sinn mehr für mich machte. Ich kann seine verletzte Reaktion nachvollziehen. Obwohl wir nie ein Paar waren, „nur“ etwas Lockeres wollten… frei, unabhängig, zu nichts verpflichtet eben. Eigentlich…

Warum ich trotzdem unvermittelt das Gefühl hatte, einen Schlussstrich unter etwas ziehen zu müssen, das gerade mal wenige Wochen irgendwo waberte? Nun, auf Facebook hätte man früher wohl gesagt: „Es ist kompliziert“. Heute, mit Tinder, Dates und allen Möglichkeiten im Rücken, heißt es eher: „Ich will nichts versprechen, das ich nicht halten kann“.

Irgendwie passte es eben nicht. Irgendwie wurde aus dieser Affäre für mich nicht mehr. Für ihn aber eben schon. Also zog ich die Konsequenzen daraus… und trennte mich. Von unseren Dates, von lockeren Treffen, von einer klitzekleinen Vorstellung einer möglichen Zukunft.

An diesem Punkt waren vermutlich schon einige von uns. Sowohl von der einen… als auch von der anderen Seite aus. Und obwohl es zunächst nebensächlich klingen mag, will gerade so ein Schlussmachen doch gut durchgeführt werden. Besser jedenfalls, als das, was ich da vor Jahren fabrizierte. Denn auch ohne richtige, ernste, festgesteckte Beziehung dahinter, verdient unser Gegenüber eben eine Erklärung. Oder irgendeine Art von Vorwarnung. Wie soll man auch sonst ein Ende verarbeiten, das niemals richtig angefangen hat?!

Auch ohne benannt zu werden, existiert „es“

Die Sache mit den Gefühlen ist eben eine rätselhafte. Vor allem in Zeiten von Unverbindlichkeiten und Online-Dating. Während wir uns frei fühlen, Menschen kennenlernen und flirten, können wir uns auf der anderen Seite gleichzeitig trotzdem der Illusion einer Beziehung hingeben, die so nie genannt wurde. Dieses Pärchen-Verhalten schürt Hoffnungen. Vielleicht bei beiden, im schlimmsten Fall aber eben nur bei einem.

Es werden Geheimnisse geteilt, Gewohnheiten etabliert, Intimitäten hergestellt, Schutzschilder abgelegt. Ganz nebenbei, aber doch längst nicht mehr unverfänglich. Denn verfangen kann man sich darin sehr schnell. In dieser Idee einer gemeinsamen Zukunft, die dem Geplänkel folgen könnte.

Psychologin Dr. Juli Fraga sagt gegenüber Hellogiggles Folgendes zu diesem durchaus verbreiteten (also keine Sorge!) Phänomen:

„Online-Dating hat diesen Schritt einfacher gemacht. Wir sehen ein Profil und verlieben uns bereits in die kleinen Ausschnitte, die es uns zeigt. Unsere Vorstellungskraft kann das Beste aus jemandem herausholen und unsere Hoffnungen schüren. Wir haben bereits das perfekte Idealbild einer Person, ohne diese überhaupt zu kennen. Die Verbindung basiert auf Anziehung und Fantasie – was die Emotionen aber nicht weniger echt sein lässt.“

Die Gefühle sind da. Sie sind real. Selbstbetrug hin oder her. Auch wenn wir sie nur auf die Idealvorstellung einer Person projizieren. Und genau das macht uns auch so angreifbar. Es lässt einen folgenden Schlussstrich nämlich ebenso real werden. Ganz unabhängig davon, ob per Definition überhaupt schon einer notwendig wäre.

Stella Harris, Sexual- und Beziehungstrainerin fügt erklärend hinzu:

„Sobald wir beginnen, unsere Vorstellung auf andere zu projizieren, beginnen wir unwissentlich auch damit, uns fiktiv einzureden, wie sie über uns denken und sich uns gegenüber fühlen könnte. Wir interpretieren das Verhalten von Menschen deshalb oft falsch – obwohl es nie deren Absicht war. Manchmal können wir das, was wir für eine Verbindung halten, nicht mehr objektiv als das betrachten, was es wirklich ist. Das darauf folgende Scheitern dieser Hoffnungen verstärkt ein Gefühl des Verlusts, wenn diese Verbindung in die Brüche geht.“

Wir müssen uns also bewusst sein, dass niemals die Zeit oder eine Benennung unserer Interaktion (welcher Art auch immer) den Grad der Enttäuschung bestimmt. Ob da nun vier Woche „etwas war“ oder doch deutlich länger: Hoffnungen, die gemacht wurden, lassen sich nicht einfach wieder ausschalten oder herunterspielen.

Wichtig ist daher, auch diesen Schlussstrich ernst zu nehmen. Und sich nicht davor zu drücken, nur weil es einfacher wäre. Die Gefühle sind da, sie sind real fühlbar – und verdienen es, auch als solche behandelt zu werden. Wer sich also auf einen anderen Menschen einlässt, der muss damit rechnen, sich am Ende trennen zu müssen. Beziehungsstempel hin oder her. Und zwar so menschlich und feinfühlig, wie nur eben möglich. Von Angesicht zu Angesicht, mit erklärenden Worten und vor allem ohne Ausflüchte. „Da war doch gar nichts Richtiges zwischen uns“ sind also eher nicht die angebrachten Worte (ich schreib’s mir hinter die Ohren 🙊).

Und wie geht man mit einem solche Abschied dann um?

Die Zeit und Intensität der Beziehung sind quasi unerheblich. Wer leidet, der leidet. Und sollte sich genau die Zeit für die Verarbeitung nehmen, die notwendig ist. Ob das mit einem Eisbecher im Bett geschieht, mit der Gesichtsmaske im Badezimmer oder den Drinks unter Freunden… Was einen Anfang hatte (egal wie zart und klein) verdient eben auch einen ernst genommenen Abschluss.

Und um ein solches „Schlussmachen ohne Schluss zu machen“ für beide Seiten von vornherein einfacher zu gestalten? Gilt vor allem zu beachten: Wer sofort sicher weiß, dass sich keine Beziehung aus diesem „Irgendwas“ entwicklen wird, der darf auch keine Pärchen-Signale senden. Punkt. Ja, dazu gehören auch das Frühstück am nächsten Morgen und das Durchblättern des Fotoalbums und das Händchenhalten im Park.

Just… don’t. Diese Kleinigkeiten sind es schließlich, auf die wir letztlich wieder und wieder hereinfallen. Die uns blenden und träumen lassen. Autsch. Vielleicht muss auch das jeder erstmal auf die harte Tour lernen. Wer weiß. Aus eigenen Erfahrungen und beiden Perspektiven heraus.

Denn auch als derjenige, der verletzt wurde, müssen wir uns selbst zu spiegeln lernen, findet Stella Harris:

„Wir müssen wieder mehr darauf achten, was der Gegenüber wirklich sagt und tut… und bei diesen Beobachtungen ehrlich zu uns sein. Nicht beschönigen oder hineininterpretieren. Meist sind die Anzeichen schnell schon deutlich. Wenn uns jemand zeigt, wie er ist und was er will, dann müssen wir ihm das auch glauben.“

Trennung bleibt Trennung und Herzschmerz bleibt Herzschmerz

Klingt nach einer Sache, die der Kopf ganz gut hinbekommen könnte. Wenn da mal nicht die Gefühle wären… Doch auch dazu hat die Therapeutin einen Vorschlag. Naja, oder zumindest mal den Ansatz von etwas, das wir in Zukunft wirklich WIRKLICH zu beherzigen versuchen:

„Weil Online-Dating alles noch komplizierter machen kann, ist es unsere Aufgabe, noch genauer zu lernen, wie man den Unterschied zwischen Lust und Liebe erkennt. Dennoch ist es auch nach einer kurzen Zeit in Ordnung, Schmerz zu fühlen. Ganz egal, wie lang oder wie weit eine ‚Beziehung‘ bereits war. Diese Empfindungen sollten ernst genommen werden. Die Trennung davon solle ernst genommen werden. Denn am Ende ist unser Schmerzempfinden doch auch der erste Schritt in Richtung Heilung.“

Wie auch immer diese Heilung für den Einzelnen aussehen mag…

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