Wir haben mit einer Frauenärztin über extrem starke Perioden gesprochen – für alle, die darunter leiden

Die monatliche Periode ist für viele Frauen ein Thema, das schon beim bloßen Gedanken daran Unmut auslöst. Auch für mich. Wie sehr beneide ich diese Frauen, die 2-3 Tage lang leicht bluten, mit einem Mini-Tampon auskommen und ihr Leben in dieser Zeit einfach weiterleben können, als sei nichts. Mich hingegen testet meine Menstruation jedes Mal aufs Neue, sie fühlt sich an wie ein Erdbeben in mir – körperlich und mental. Ziemlich genau eine Woche vor der Blutung bin ich unfassbar sensibel, als würde ich jedes Gefühl in meiner Umgebung und meinen Mitmenschen wortwörtlich in mich aufnehmen. Ich fühle mich schwach, meine Brüste doppeln sich in ihrer Größe (bei meinem Mini-Cup no big deal) – und nein, das ist nicht „geil“, das tut einfach nur höllisch weh. Ich kann in dieser Zeit nichtmal jemanden umarmen, ohne dass es unangenehm ist. Ich weine häufig. Nicht, weil jemand gestorben ist, sondern weil zum Beispiel eine Löwenmama in einer Tierdoku ihr Baby beschützt oder ich zum 24. Mal High School Musical schaue (ja, schamlos!). Und ich habe Hunger für 12.

Wenn’s dann losgeht, ziehe ich mental in einen kleinen Krieg. Ich weiß, dass meine Nieren sich anfühlen werden wie ein Feuerball, die Krämpfe in meinem Unterleib plötzlich eine krasse Party schmeißen (ohne, dass sie je irgendjemand eingeladen hätte), ich habe Kopfschmerzen, wenn’s schlecht läuft, schlafen mir die Beine ein – und was das Bluten angeht… Joa, ich sag’s mal so: Zu meinem Geburtstag letzte Woche habe ich mir von meinen Freundinnen einen Vorrat an Tampons gewünscht. Super Plus, natürlich. Manchmal frage ich mich, wie bei der Menge an Blut, das da jeden Monat rauskommt, überhaupt noch irgendetwas in meinem Körper übrig bleibt. Klar, das sieht immer nach dramatisch mehr aus, als es eigentlich ist, dennoch würde ich sagen, dass ich überdurchschnittlich viel blute – auch Menstruationstassen habe ich im Nu bis zum Rand gefüllt.

Es ist ein schwieriges Thema. Einerseits sollte langsam wirklich jeder mal verstanden haben, dass die Periode bei vielen Frauen nichts ist, das man einfach so abtun kann. Im Gegenteil, man fand sogar heraus, dass sich die Schmerzen mit denen eines Herzinfarktes vergleichen lassen. Andererseits will man seinen Mitmenschen auch nicht zu sehr zur Last fallen und die Welt kann nicht einfach mal für eine Woche aufhören, sich zu drehen – es muss weitergehen. Am Ende des Tages gehört die Periode zum Frausein dazu, daher versuche ich, so gut es geht, meinen Frieden mit ihr zu schließen – mehr dazu hier in diesem Brief, den ich geschrieben habe (da steht auch drin, wieso ich trotz NOCH stärkeren Schmerzen und Co. auf hormonelle Verhütung verzichte).

Wir haben mit einer Expertin gesprochen

Wir wollen, dass ihr wisst, dass ihr nicht alleine seid, falls es euch genau so geht wie mir. Daher habe ich mir eine Expertin an die Seite geholt – PD Dr. med. Mandy Mangler, Chefärztin und Leiterin des Auguste-Viktoria-Klinikums für Gynäkologie in Berlin, hat sich Zeit genommen, um unsere dringendsten Fragen zu beantworten: Was sind mögliche Ursachen? Was hilft wirklich? Was ist eher kontraproduktiv? Lest hier, was sie zu sagen hat:

TC: Frau Dr. Mangler, kann man für extreme Blutungen eine Ursache ausmachen oder hat man einfach „Glück“ oder „Pech“?

Dr. M.: Es gibt eine natürliche Spannbreite der Menstruation. Bei manchen blutet es ganz wenig, bei manchen mehr. Im Durchschnitt kann man hierbei ungefähr von 30-80 ml Blut pro Zyklus sprechen. Das hängt auch damit zusammen, wie groß man selbst ist und wie groß und gut durchblutet die eigene Gebärmutter. Je besser durchblutet, desto höher das Blutvolumen, das dann ausgeschieden wird.

Man darf aber auch nicht vergessen, dass Blut etwas sehr subjektiv Beurteiltes ist – hat man ein Glas mit 300 ml Wasser und tröpfelt da nur einen Tropfen Blut rein, färbt sich das gesamte Glas, weil Blut einfach so eine starke Färbekraft hat. Oftmals nimmt man es also als viel mehr wahr, als es eigentlich ist.

Ab wann wird es kritisch und man sollte einen Arzt/eine Ärztin aufsuchen, um Schlimmeres auszuschließen?

Bei extremer Blutung spricht man von einer Hypermenorrhoe – das gilt ab einer Blutmenge von ungefähr 100 ml, um es ganz grob zum sagen. Da das, wie gesagt, natürlich schwer zu messen ist, kann man bei einem Verdacht höchstens die Füllmengen seiner Menstruationstassen zusammenrechnen. Da sollte man sich mal mit seinem Arzt zusammensetzen.

Vorsichtig wäre ich auch, wenn es einem z.B. das Bein hinunterläuft oder wenn größere Brocken mit ausgeschieden werden – man nennt sie Koagel, geronnene Blutklumpen. Mit seinem Arzt sollte man dann mal auf Ursachenforschung gehen. Eine Hypermenorrhoe ist beispielsweise hormonell bedingt, oder auch leicht durch den Lebensstil und die Ernährung. Sie kann aber auch organische Ursachen haben, zum Beispiel sogenannte Myome – gutartige Wucherungen der Gebärmutter. Ca. 10-20 % der Frauen haben sie. Oder aber, auch das ist möglich, man kann überhaupt keinen Grund dafür festmachen.

Wenn Sie schon das Thema Ernährung ansprechen: Streitkonsum während der Periode ist umstritten. Viele meinen, man müsse das verlorene Eisen im Blut durch rotes Fleisch ersetzen, andere wiederum sagen, das sei bei Beschwerden eher kontraproduktiv. Was stimmt?

Fleisch erhöht die Hormonkonzentration im Körper – an Vegetariern und Fleischessern kann man das sehr gut messen, bei letzteren liegt er deutlich höher. Je mehr Hormone wir im Blut haben, desto stärker können wir theoretisch bluten, dennoch lässt sich das schwer pauschalisieren. Man sollte unbedingt auf seinen Körper hören: Einige Frauen haben während der Blutung starke Gelüste auf Fleisch, das könnt bedeuten, dass ihr Körper sie auf einen gewissen Nährstoffmangel aufmerksam machen will. Wenn man die aber nicht hat und sowieso schon mit einer starken Periode kämpft, würde ich schon empfehlen, auf pflanzliche Alternativen zu setzen.

Welche Verhütungsmittel wirken sich wie auf das Ausmaß der Periode an?

Einerseits kann man eine starke Blutung durch das Einnehmen der Pille vermindern – oder sie sogar nonstop durchnehmen, um sie zu verhindern, wie z.B. Extremsportlerinnen. Auf der anderen Seite könnte sie auch kontraproduktiv wirken, wenn Sie von Natur aus schon einen Hormonüberschuss im Körper haben. Alle Verhütungsmittel aus Kupfer (Ball, Kette, Spirale) verstärken die Blutung immens, da geht’s dann richtig los (lacht). Ein Mittelweg wäre eine leichte Hormonspirale, bei der die Konzentration nicht so hoch ist wie bei der Pille – damit blutet man deutlich schwächer.

Haben Sie Tipps, wie man Beschwerden abseits der Blutung schon in den Tagen vorher etwas lindern kann? 

Bei Krämpfen, Bauchschmerzen und anderen Beschwerden – die übrigens unabhängig sind von der Menge des Blutes – gibt es tatsächlich einige Dinge, mit denen man präventiv helfen kann. Wärme in Form eines Heizkissens oder eines Bades ist der Klassiker. Was ich sehr empfehle, sind Akupunktur und Akupressur. Auch Sport ist ein mächtiges Tool, das von vielen unterschätzt wird und man unbedingt einsetzen sollte, bevor die Schmerzen richtig losgehen. Intensive Sporteinheiten ein paar Tage vorher haben einen super Effekt – Endorphine werden ausgeschüttet und wirken gegen Schmerzen. Auch Sex ist eine super Sache, davor und währenddessen, ganz besonders Orgasmen. Geschlechtsverkehr an sich erhöht erstmal die Durchblutung und das Wohlbefinden an sich, Orgasmen wirken zusätzlich krampflösend. Wenn man gegen Ende der Periode Sex hat, wird das ganze Restblut, das sich noch in der Gebärmutter befindet, quasi mit einem Mal „ausgetoßen“. Da es auf natürliche Weise etwas länger brauchen würde, um den Körper zu verlassen, kann einem die Blutung dadurch etwas verkürzter vorkommen – ein weiterer Vorteil.

Oftmals sind die Schmerzen so schlimm, dass man zu Medikamenten wie Buscopan Plus oder Dolormin für Frauen greift. Was halten Sie davon?

Als Ärztin empfinde ich Medikamente natürlich erstmal als richtig und wichtig. Wenn’s um die Periode angeht, wird’s schon schwieriger. Theoretisch ist es nun mal normal, wir bluten eben. Wenn es irgendwie möglich ist, es so auszuhalten, würde ich also nicht direkt zu Tabletten greifen. Viele machen das, weil sie funktionieren wollen und müssen. Das spricht Bände über unsere Hochleistungsgesellschaft: Man kann sich nichtmal die Zeit für Akupressur oder Sport machen, sondern wirft sich stattdessen zur schnellen Linderung direkt eine Tablette ein. Wie gesagt, wenn möglich, empfehle ich, erstmal ein paar Schritte zurückzutreten und andere Wege zu testen, die keine Chemie beinhalten.

Mittlerweile gibt es sogar schon CBD-Tampons, die helfen sollen. Davon schon gehört? 😆 

Nein, wirklich?! 😅 Das ist ja verrückt! Davon habe ich tatsächlich noch nichts gehört, ich muss mich später direkt informieren und schauen, ob es irgendwelche Studien gibt, um das beurteilen zu können. Ich könnte mir aber schon vorstellen, dass Tampons mit Hanföl wirklich eine gute Sache sind. Cannabis ist natürlich, eine Pflanze und keine Chemie… der Ansatz ist interessant.

(Anm. d. Red.: Sobald wir mehr wissen, informieren wir euch natürlich! 😉)

Lassen sich über die Stärke der Regel Schlüsse über den körperlichen Zustand der Frau schließen?

Nicht wirklich. Starke Blutung heißt nicht automatisch mehr Fruchtbarkeit, oder irgendetwas in der Richtung. Prinzipiell lohnt es sich aber trotzdem, sich mit seinem Zyklus auseinanderzusetzen. Jeder regelmäßige Zyklus – und der muss nicht immer 28 Tage lang sein, sondern kann auch variieren – ist generell schon mal ein Anzeichen für Fruchtbarkeit. Man ist nicht automatisch 100% fruchtbar dadurch, aber es sagt einem, dass der Körper prinzipiell funktioniert. Bleibt die Regel aus, muss man forschen, was dahintersteckt. Eine ausbleibende Blutung hat immer irgendeine Ursache, die, wenn nicht eine Schwangerschaft oder Stillzeit vorliegt, erstmal beobachtet und nach deren Ursache geforscht werden sollte. Das bedeutet aber wiederum nicht gleich, dass man unfruchtbar ist.

Wie beschreibt man Periodenschmerzen einem Mann, der sie nicht nachvollziehen kann?

Witzigerweise habe ich mich darüber kürzlich mit jemandem unterhalten. Ich kriege es nicht mehr ganz zusammen, aber ich glaube, wir verglichen es mit Eis, das man ihnen in den nackten Schoß oder auf den nackten Bauch legen würde. So ein stechendes Schmerzgefühl. Tut schon beim bloßen Gedanken weh. Ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, wenn man einen Tritt in die Hoden bekommt, aber auch das kann ich mir gut vorstellen, weil das einen recht betäubenden Schmerz hinterlässt – wie bei der Menstruation auch oft.

Viele Frauen sind richtig auf Kriegsfuß mit ihrer Periode. Was raten Sie ihnen, um Frieden mit ihr zu schließen?

Ich würde sagen: Schafft eine gewisse Menstruations-„Awareness“. Das bedeutet, schaut euch euren Körper und euren Zyklus ganz genau an, dezidiert und beobachtet ihn und wie ihr euch fühlt. Welche Zeichen gibt mir mein Körper, wie bin ich drauf? Horcht in euch hinein und akzeptiert all diese Signale als Sprache eures Körpers. Ich kenne aber auch Frauen, die ihre Blutung so sehr hasse, dass sie sie „meinen Scheiß“ nennen. Wer wirklich zu sehr leidet, kann immer noch entscheiden, ob er mit oben genannten Verhütungsmethoden nicht eingreifen will. Ich rate niemandem zu Hormonen und rate niemandem davon ab – jede selbstbestimmte Frau des 21. Jahrhunderts muss selbst die Möglichkeit haben, das für sich (mit der Hilfe ihrer Ärztin/ihres Arztes) zu entscheiden. Gut zu wissen, ist einfach, dass es diesen Weg gäbe. 

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Ihr habt’s gehört: Wir alle sind unsere eigene Herrin – our body, our choice! Das ist an dieser Stelle nochmal wichtig zu betonen. Gerade wenn es um den eigenen Körper geht, ist es wichtig, auf seinen Bauch zu hören und sich ggf. mehrere Meinungen einzuholen, wenn die Frage nach Hormonen oder deren Verzicht aufkommt. Wir hoffen, euch mit diesem Artikel ein wenig geholfen zu haben und euch zumindest vermittelt zu haben, dass ihr nicht die einzigen seid, die mit ihrer Periode oft zu kämpfen haben. Vielleicht schaffen wir es ja alle gemeinsam, unseren Körper dadurch auch als ein noch größeres Wunder anzusehen und ihn – trotz aller Beschwerden – auch dafür zu schätzen, was er alles für uns tut. ❤️

 

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