Generation Unverbindlich: Wieso wir so häufig Nicht-Beziehungen führen…

Als wir bei ze.tt vor kurzem einen Artikel zum Thema Nicht-Beziehungen gelesen haben, haben wir vor allem eins: uns darin wiedererkannt. Und leider nicht nur uns, auch die Beziehungen und Nicht-Beziehungen, die wir in den letzten Jahren so geführt haben. Aber was hat das mit uns angestellt und warum haben wir in unserer Generation eigentlich so eine panische Angst vor dem Wort „Beziehung“, als wäre es ein kleiner giftiger Pilz, der uns auf jeden Fall und garantiert in die Verdammnis schickt?

Als wir mit 13 oder 14 unseren ersten „Freund“ hatten, wurde das noch per Zettelchen geklärt. Willst du mit mir gehen? Ja, nein, vielleicht. Damals war es noch easy. Auch mit unserem ersten richtigen Freund mit 15 oder 16 war es noch einfach: Man hat sich in der Schule kennengelernt, sich auf dem Pausenhof verlegen zugelächelt und bei einer Geburtstagsparty in einer stillen Ecke etwas geknutscht. Damit war die Katze im Sack. Aber was genau ist dann passiert? Wie kam es eigentlich dazu, dass es danach einfach nur noch kompliziert wurde und wir uns zur Generation Unverbindlich entwickelt haben? Und wie passierte es, dass aus Beziehungen eher lockere Dinger, ohne Verpflichtungen, aber mit lauter Vorteilen wurden? Und sind das wirklich so viele Vorteile oder doch eher Nachteile, gerade für’s Herz?

» Lockere, monatelange Exklusivverträge mit einem nicht offiziellen Lebensabschnittsgefährten sind nicht nur der Oma schwer zu erklären, sondern auch dem Herzen. «

Aus eigener Erfahrung lässt sich sagen: Lockere, monatelange Exklusivverträge mit einem nicht offiziellen Lebensabschnittsgefährten sind nicht nur der Oma schwer zu erklären, sondern auch dem Herzen. Und dem Verstand. An den kann man im Nachhinein nur appellieren, sich nicht noch einmal auf etwas Derartiges einzulassen.

Denn so verlockend eine lockere Kiste mit einem netten Menschen, in den man bestimmt überhaupt nicht verliebt ist auch sein kann, so birgt sie auch ganz schön viele Probleme. Nein, wir reden nicht davon, dass man sich nur zum Sex trifft und sonst keine Berührungspunkte hat, sondern von gemeinsamen Abenden in der Küche, im Kino oder bei einer Flasche Wein. Man erzählt sich Details aus dem Leben, lässt den anderen tief in seine Seele blicken, lernt die Freunde kennen und macht Kurzurlaube zusammen. Natürlich alles gaaaaanz unverbindlich. Weil: Es offiziell „Beziehung“ zu nennen, würde ja alles ändern. Dann hat man Verpflichtungen und damit vielleicht auf einmal das Gefühl, dass alles, was bis dahin ganz einfach lief, zum Zwang wird. Plötzlich muss man sich SMS schreiben oder anrufen, obwohl man das vorher gern gemacht hat. Oder man muss auch mal Diskussionen führen und Kompromisse finden. Oder man muss Zeit füreinander finden. Und auf einmal muss man exklusiv sein, was vorher auch nur ein nettes Goodie war. Als würde sich auf einmal alles ändern, nur weil man es benennt. Lieber lässt man alles ganz undefiniert, weicht Fragen der Langzeitpärchen aus, was das denn mit dem Typen ist und genießt die Zeit, so lange wie es so läuft, wie es eben läuft. Muss ja keinen Namen haben.

In Zeiten, in denen man seine Jobs ständig wechselt, mit weniger als fünf verschiedenen Wohnorten vor dem 25. Geburtstag fast als uncool gilt und generell einen schnelllebigen Lifestyle hat, wundert es einen vermutlich wenig, dass auch Beziehungen bei uns nicht mit der Plakette „Dauerhaft“ versehen sind. Wir sind offenbar eine Generation, in der man immer auf etwas Besseres wartet. Wenn wir uns verlieben, soll es bitte knall-bum-peng machen. Man muss es spüren, mit jeder Faser seines Körpers. Ach, und bereit sollte man auch sein, natürlich. Perfektes Timing, perfektes Feeling und bitte keine Sekunde zweifeln. Irgendwie scheinen wir zwischen #couplegoals und Hollywoodstreifen zu vergessen, dass Beziehungen nicht immer perfekt sind. Aber sie sind auch kein Todesurteil und man unterschreibt damit auch keinen Vertrag mit Tiffanys und dem Blumenversand. Ja, Beziehungen haben Höhen und Tiefen, aber das nicht erst seit heute. Bei Oma und Opa bedeutete das auch eine Reihe von Kompromissen, genau wie bei Mama und Papa. Stellt euch vor, die Verrückten haben sogar geheiratet.

Nein, damit wollen wir nicht kategorisch alle Nicht-Beziehungen in einen Topf werfen und im Ganzen ablehnen. Aber aus eigener Erfahrung wissen wir, dass es vor allem wichtig ist, auf sein Herz zu hören und immer wieder herauszufinden, ob man noch auf der gleichen, unverbindlichen Seite ist. Nichts ist fataler, als sich der Versuchung der Unverbindlichkeit hinzugeben, aus Bequemlichkeit oder aus Angst, den anderen zu verlieren, wenn man sich selbst die vermeintliche Sicherheit einer echten Beziehung wünscht. Das passiert spätestens, wenn Gefühle im Spiel sind. Und nein, Gefühle sind keine Schwäche, sie sind wohl das echteste und wahrste, was wir in uns tragen und leider auch das, was wir am allerwenigsten beeinflussen können. Und genau darum haben wir vor diesen Gefühlen wohl auch solche Angst – sie sind unkontrollierbar und ändern sich wahllos. Für uns schwer zu akzeptieren, wo wir doch alles planen und perfektionieren wollen. 

Aber, Achtung, Spoileralarm: Auch in Beziehungen, ja sogar in Ehen, können sich Gefühle ändern. Sie können stärker werden oder schwächer. Und deswegen sind Beziehungen oder Ehen genauso wenig ein Todesurteil wie Nicht-Beziehungen. Sie sind im Grunde das Gleiche, sie heißen nur anders. Und man kann sie beenden und sollte sie sogar beenden, wenn die Hürden unüberwindbar werden. Klar, eine Nicht-Beziehung ist viel einfacher zu beenden und man muss kein schlechtes Gewissen haben, wenn es vorbei ist. Im Grunde war ja nie etwas. Die unzähligen Stunden, die man miteinander verbracht hat, gelten nur so lange etwas, bis es vorbei ist. Und wenn man es dann beendet, weil es zu eng geworden ist, man nicht bereit ist, man sich nicht fest binden möchte, man unabhängig bleiben möchte, man sich auf die Karriere konzentrieren will oder ähnliches, dann kann man einfach gehen. Man war ja nicht fest gebunden und muss sich nicht rechtfertigen oder gar ein schlechtes Gewissen haben. Richtig uncool wird’s nur, wenn man sich des Ghostings oder des Benchings bedient.

Aber mal im Ernst, wir sind eine ziemlich egoistische Generation. Kompromisse machen wir alle ungern, verlangen aber möglichst viel Flexibilität von anderen und in allen Lebensbereichen. Wie heißt es doch so schön: „Life begins at the end of your comfort zone.“ Und wer sich traut, aus Flugzeugen zu springen und mit Haien zu tauchen, der sollte mal wieder was richtig Verrücktes wagen: sich komplett auf einen anderen Menschen einlassen. Na, wie klingt das?

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