Keine Gottesdienste mehr – so schaffe ich es auch in der Quarantäne, meinen Glauben zu leben

Wer meinen Artikel darüber gelesen hat, wie ich den Spagat zwischen liberaler, junger Frau und gläubiger Christin schaffe, weiß, warum ich in die Kirche gehe und vor allem, dass ich überhaupt in die Kirche gehe. Der Gang zur Kirche jeden Sonntag hat sich mittlerweile so in meinen Alltag integriert, dass er zu meiner Woche dazugehört wie ein Business Meeting an einem Montag oder die Kaffee-Verabredung mit Freunden an einem Samstag. Naja, jedenfalls vor Corona. Denn selbstverständlich bedeutet die aktuelle Lage gerade auch, dass der Sunday Worship, so, wie ich ihn gewohnt bin, nicht mehr stattfindet.

Das bedeutet, dass auch hier ein Stückchen mehr Routine wegbricht. Normalerweise sah mein Sonntag bisher immer so aus: ausschlafen, spät frühstücken, mit dem Freund zusammen netflixen oder Stadt-Land-Fluss spielen (neuerdings unsere Lieblingsaktivität, warum hat man damit eigentlich jemals aufgehört?! Plus – ich schlage ihn jedes Mal 🤗), und dann gegen 17 Uhr aufbrechen und an der frischen Luft zu meiner Gemeinde spazieren. Um 17.30 Uhr beginnt dann eigentlich der Gottesdienst, den ich zwei Stunden später immer zu 100% beseelter, glücklicher und „leichter“ verlasse als vorher.

Ja, ich weiß, Glaube und vor allem die Kirche sind kontroverse Themen. Dennoch ist das ein Weg, den ich für mich ganz persönlich eingeschlagen habe, um im hektischen Alltags-Wusel und zwischen allem Schnellen und Modernen einen Anker zu finden, der mich erdet und mich nicht vergessen lässt, was für mich eigentlich wirklich wichtig ist und was nicht. Ein Weg, um auch einfach mal nicht irgendeine Funktion auszuführen (auch wenn ich alle davon liebe) – als Partnerin, Redakteurin, Tochter, Freundin, Feministin, Content-Creator, Köchin, Hausfrau… the list goes on. Hier kann ich einfach mal durchatmen, gemeinsam mit den anderen singen, beten und an das Gute in der Welt glauben.

„Eingesperrt“ zuhause – und was jetzt?

An das Gute in der Welt glauben… Tja, kann man das gerade noch? Jetzt, wo alles Kopf steht und das normale Leben lahm liegt? Wo keiner von uns weiß, wann und wie es weitergeht? Die Antwort lautet ohne große Überlegung: JA. Kann und muss man. Jetzt mehr denn je. Ich lasse keinen großen Platz für gedankliche Negativspiralen und halte jetzt erstrecht an meinem Glauben und meinem Vertrauen in Gott fest.

Beten kann ich überall. Meistens mache ich das abends im Bett, hier stehen ohnehin meine zwei kleinen Ikonen aus einem griechischen Kloster auf der Fensterbank. Ich bespreche meinen Tag, äußere meine Sorgen und Hoffnungen und „lasse es einfach raus“. Manchmal nutze ich dazu die „Blue Letter Bible“ App. Brauche ich aufbauende Worte, bin ich nur einen Tastenklick von meinem Pinterest-Board entfernt, auf dem ich Bibelzitate und sonstige Quotes zum Thema Glauben sammle.

Und obwohl ich kaum christliche Freunde habe (was völlig okay ist, each to their own!), gibt es ein paar wenige, mit denen ich mich diesbezüglich austausche. Ein Freund hatte kürzlich, als ich nicht ganz so gut gelaunt war, eine Bibelstelle parat, die hängengeblieben ist. In Prediger 3 steht geschrieben:

„Alles hat seine Zeit und jegliches Vornehmen unter dem Himmel seine Stunde.

Geborenwerden hat seine Zeit, und Sterben hat seine Zeit;
Pflanzen hat seine Zeit, und Gepflanztes ausreuten hat seine Zeit;
Töten hat seine Zeit, und Heilen hat seine Zeit;
Zerstören hat seine Zeit, und Bauen hat seine Zeit;
Weinen hat seine Zeit, und Lachen hat seine Zeit;
Klagen hat seine Zeit, und Tanzen hat seine Zeit;
Steine schleudern hat seine Zeit, und Steine sammeln hat seine Zeit;
Umarmen hat seine Zeit, und sich der Umarmung enthalten hat auch seine Zeit;
Suchen hat seine Zeit, und Verlieren hat seine Zeit;
Aufbewahren hat seine Zeit, und Wegwerfen hat seine Zeit;
Zerreißen hat seine Zeit, und Flicken hat seine Zeit;
Schweigen hat seine Zeit, und Reden hat seine Zeit;
Lieben hat seine Zeit, und Hassen hat seine Zeit;
Krieg hat seine Zeit, und Friede hat seine Zeit.“

… und genau so hat auch die aktuelle Krise und deren Ende seine Zeit! 🙏🏼

Meinen Gottesdienst besuche ich jetzt via Instagram live

Die freie Kirchengemeinde, die ich besuche – die Elim Mundsburg – hat sich etwas Wunderbares ausgedacht und bietet statt der Sonntagsmesse jetzt jeden Montag bis Freitag um 19.30 einen Livestream auf Instagram an, in dem ein Mitglied aus der Kirche eine Bibelstelle vorbereitet und diese bespricht – dabei auch immer in Hinblick darauf, wie wir diese überlieferten Worte vor allem im Hier und Jetzt adaptieren können, um die Krise gut zu überstehen.

Die Jungs und Mädels der Elim nennen das Ganze „Homeshop“ und ich habe ihn gestern Abend virtuell „besucht“. Nico saß am anderen Ende der Leitung und sprach über „Spannungsfelder“ als Kernthema. Spannungen, wo erleben wir die überall? Nun ja, aktuell finden wir da wohl gerade so einige: Manche von uns sind eher der Sicherheitstyp, sie mögen die Veränderung und Ungewissheit nicht. Andere lieben das Abenteuer, das Neue, die Spannung – sie können „Chaos“ besser handeln und blühen darin auf. Habe ich also Angst und bin verunsichert, oder sehe ich in einer Krise auch eine Chance? Spannungsfeld Nummer eins. Nummer zwei: Social, bzw. physical distancing. Einerseits brauchen und suchen wir den körperlichen Kontakt zu unseren Liebsten, andererseits wollen wir sie auch in Sicherheit wissen und sie und uns selbst vor der Pandemie schützen. Die Liste könnte endlos weiter gehen…

Am besten wäre jetzt irgendjemand, der uns klare Antworten gibt. Jemand, der uns sagt, was als nächstes passiert, wann das alles hier vorbei ist und wie wir uns Schritt für Schritt verhalten sollten. Diesen jemand gibt es aber nicht, und das ist die Krux – zumindest im ersten Moment. Nico liest im Livestream hierzu eine Bibelstelle vor, in der sich der Apostel Paulus an die Philipper wendet (Phil 2, 12-18). Auch darin geht es um Spannungsfelder, doch am Ende wird klar: Wir müssen vertrauen. Auf Gott. Er steht an oberster Stelle und im Gegenzug muss ich mir nicht den Kopf zerbrechen und mich fürchterlich unter Druck setzen, weil ich nicht weiß, wo ich mich in diesem ganzen Schlamassel eigentlich positionieren soll.

Auch für alle Nichtgläubige ist die Kernaussage dieser Verse eine sehr schöne: Spannungen sollten wir nicht mit Ach und Krach versuchen aufzulösen, wir sollten sie umarmen. Wer die Spannung, in der er sich befindet, nicht akzeptiert, der schränkt Wachstum ein. Wachstum findet am stärksten dort statt, wo verschiedene Pole aufeinandertreffen. 

Ich liebe diesen Denkanstoß und hätte ihn nicht treffender formulieren können. Am Ende ist und bleibt Glaube – in meinen Augen – etwas, das jeder so für sich gestalten darf und soll, wie es sich für ihn am besten anfühlt. Dies hier ist keine Anleitung für „die Bilderbuch-Christin in Isolation“, ganz bestimmt nicht, aber vielleicht hilft es dem ein oder anderen/der ein oder anderen, sich in dieser schwierigen Zeit weiterhin ganz fest an seinem/ihrem Glauben festzuhalten.

Denn Halt, den brauchen wir gerade allemal.

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