Lohnt es sich denn nicht, im Diskurs genau darauf auch die größte Aufmerksamkeit zu lenken? I mean, I (kinda) get it. Greta funktioniert. Greta wird geklickt, gelikt, gehatet, geshitstormed. Warum also nicht mit einer polarisierenden Headline die eigenen Klickzahlen erhöhen? Im Artikel kann man die Geschehnisse schließlich immer noch in den richtigen Kontext rücken … oder etwa nicht? Blöd nur, dass etliche Menschen bereits nach der Überschrift aufhören weiterzulesen. Auch ich selbst kann mich davon nicht immer freimachen. Warum soll es anderen also nicht genauso gehen?!
Und damit hätten wir ihn wieder. Den falschen Fokus in einer so wichtigen Angelegenheit. Die Streitfrage bleibt weiterhin das größte Thema: „Hat Greta das Bild aus dem überfüllten Zug nur gestaged?“ „Steckt raffiniertes Marketing dahinter?“ „Warum muss eine Klimaaktivistin 1. Klasse fahren?“ „Ist sie eine Heuchlerin?!“. Dabei sollte es nebensächlich sein, ob Greta Thunberg nun im Zug auf dem Boden sitzen muss oder stattdessen 1. Klasse fährt. Selbst wenn es zum Zwecke der Selbstinszenierung (wie es Familienministerin Franziska Giffey im BILD-Talk „Die richtigen Fragen“ formuliert) passiert.
Eine Diskussion übers Zugfahren überschattet alles
Plötzlich steht ein Randereignis im Mittelpunkt. Der Klimawandel wird (wieder) zur Glaubensfrage. Mag ich Greta Thunberg? Dann unterstütze ich jeden ihrer Schritte. Geht sie mir auf die Nerven? Dann verurteile ich auch die gesamte Klimadebatte. Fakten von Wissenschaftlern werden nebensächlich. Ergebnisse eines politischen Krisengipfels sowieso.
Wer jetzt noch konstruktiv über die Erfolge, oder auch Misserfolge, einer zweiwöchigen Konferenz sprechen möchte, bekommt garantiert wieder die Greta-Keule ins Gesicht. „Aber Greta Thunberg hat doch …“. Ja, sie HAT. Ja, sie lebt und atmet und isst und muss irgendwie nach Hause kommen. Manchmal vielleicht sogar mit Plastik in der Hand. Himmel! Können wir es damit jetzt bitte auch wieder gut sein lassen?!