Das bestätigt auch Paar- und Sexualtherapeut Michael Cöllen: „Tatsächlich es so, dass wir alle die große Liebe nur selten durch das ganze Leben behalten. Es ist eher die Regel, nach der großen Liebe eine Art alltagstaugliche Liebe zu heiraten. Die ist wesentlich realistischer, aber auch solider und nicht so geschüttelt von Gefühlseruption. Ich würde schätzen, dass etwa 80 Prozent aller Ehen nicht die große Liebe sind, sondern eine solche gewählt wird.“
Das klingt irgendwie logisch, wenn auch etwas desillusionierend: Wo zu viel Feuer ist, verbrennt man sich auch leicht. Die richtig große Liebe, spannend, voller Leidenschaft, Auf und Abs, wie es bei Lukas und mir der Fall war, ist zu wild, zu ekstatisch, um dem Alltag standzuhalten. Da ist etwas Maß zu halten die bessere Option. Laut Cöllen ist das nur natürlich: „Für eventuelle Kinder-Wünsche eignet sich eine solche Liebe besser“, sagt der Sexualtherapeut. „In der Regel wird deshalb auf Dauer eine eher bürgerliche Liebe als die große abenteuerliche Liebe gewählt.“
Das klingt ziemlich langweilig, aber wenn man ehrlich ist, hat man für großes Drama doch irgendwie auch gar keine Kraft im Leben zwischen Meetings, Einkaufslisten und Familienfeiern. Da reicht Liebe allein nicht, und Liebe allein macht auch noch keine funktionierende Beziehung aus. Man denke nur an sich heiß und innig liebende Paare wie Romeo und Julia, die vor der Alltagsprüfung dahinsterben. Vielleicht ist es ja sogar umgekehrt, und Liebe entsteht erst durch eine funktionierende Beziehung, wenn man sich auf jemanden verlassen kann, von seinem Partner unterstützt wird und eine Konstante im Leben hat, die auch dann noch bleibt, wenn der Rest brennt. Da muss nicht auch noch die Liebe brennen.