Interview mit Iris Berben: „Druck bringt gar nichts – außer Falten im Gesicht“

Für das Interview mit Iris Berben müssen wir vorab keine Fragen einreichen. Ungewöhnlich. Nationale wie internationale Kollegen und Kolleginnen (auch weit weniger prominente) fordern diese immer vorab ein. Wirklich immer. Aber Iris ist da anders. Und nicht nur in diesem Punkt unterscheidet sich die Powerfrau, die als Botschafterin für L’Oréal Paris, dem offiziellen Make-up-Partner der Berlinale, vor Ort ist, von anderen Promis. Das werden wir während des Gesprächs einmal mehr merken…

Très Click: „Frau Berben, warum wollten Sie unsere Fragen vorher nicht überprüfen?“

Iris Berben: „Ich bin offen für alle Menschen. Man begegnet sich zum Interview. Und entweder es entsteht ein Gespräch oder nicht. Entweder man ist interessiert aneinander oder nicht. Ich finde es einen total spannenden Moment, das erstmal zuzulassen und zu schauen, was passiert.“

Très Click: „Großes Kompliment, das macht Sie noch sympathischer.“

Iris Berben: „Vielen Dank. Damit fahre ich schon seit 45 Jahren sehr gut (lacht).“

TC: „Ja, bei ihnen läuft es richtig gut. Gibt es trotzdem etwas, das Sie heute anders machen würden? Das Sie Ihrem jüngeren Ich raten würden?“

IB: „Wenn ich heute nochmal 20 wäre, würde ich mir sagen: Mach genauso weiter. Das hat ein bisschen mit der Zeit zu tun, in der ich erwachsen geworden bin.“

TC: „Was war damals anders als heute?“

IB: „In den 68ern setzten wir uns plötzlich mit Selbstbestimmtheit auseinander. Wir befreiten uns vom Druck. Legten das falsche Korsett ab. Wir hatten sehr viel Freiraum, die Welt zu entdecken. Heute haben wir Frauen auch viele Möglichkeiten, aber es fehlt auch noch ganz schön viel.“

 

» Ich hatte nie einen Lebensplan. Aber ich war immer neugierig «

TC: „Zum Beispiel?“

IB: „Das fängt schon bei den Gehältern an. Von dem schreienden Ungleichgewicht wissen wir alle. Da muss dringend was passieren. Aber wir dürfen nicht passiv sein und darauf warten. Wir sollten selbst dafür kämpfen. Und zwar zusammen mit den vielen klugen Männern, die es da draußen gibt.“

TC: „Sie selbst haben ihren Sohn sehr früh bekommen. Haben ihn alleine groß gezogen und auch noch große Karriere gemacht…“

IB: „Den ultimativen Tipp habe ich auch nicht. Ich bin keine Ratschlagtante. Aber wir müssen aufhören zu denken: ‚Frauen bekommen Kinder und gründen Familien. Da ist es ja ganz normal, dass die Karriere nicht voran geht‘. Falsch. Ganz falsch. Der Staat muss junge Mütter unterstützen. Aber man darf auch nicht alles auf die Politik schieben.“

TC: „Sondern?“

IB: „Wir müssen selbst aktiv sein und bleiben. Und andere Frauen unterstützen. Eine Frau, die mit Kind Karriere machen will, wird als Rabenmutter beschimpft. Will die Frau lieber mit dem Kind zu Hause bleiben, wird sie als Hausmütterchen abgestempelt. Und wissen Sie was? So etwas sagen nicht die Männer, sondern die anderen Frauen. Das muss aufhören. Stattdessen muss jede sich selbst fragen: Wo will ich hin? Habe ich einen klugen Partner, der mich unterstützt? Oder bin ich alleinerziehend? Welchen Weg kann ich gehen? Und dann einfach machen. Ich hatte nie einen Plan und habe einfach losgelegt. Dabei war ich vor allem immer eins: neugierig.“

TC: „Das sind wir auch. Auf einen letzten Tipp von Ihnen!“

IB: „Die guten Dinge im Leben passieren nicht, wenn man ständig unter Druck ist. Außerdem sorgt Druck für ein ziemlich angespanntes Gesicht.“

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