Aus diesen Gründen folge ich den Instagram-Accounts von den Kardashians und Co. nicht mehr

Das ist letzte Woche passiert: Ein Assistent postete gaaaanz aus Versehen einen Insta-Schnappschuss von Khloé Kardashian (36), der sich daraufhin im Internet wie ein Lauffeuer verbreitete. Darauf zu sehen: Khloé im Leo-Bikini am Pool. Kein großes Ding. Denkste! Denn – anders als wir es von Kardashians dieser Welt gewohnt sind – gab’s bei dieser Aufnahme mal kein Full-Body-Make-up. Keinen Filter on top. Oder oder. Tja, das Bild war einfach nur eine spontane Aufnahme und sollte eigentlich nie online gehen. Nur ist es das… was letztlich dazu führte, dass Khloé jeden noch so kleinen Stein in Bewegung brachte (aka ihre Anwalt-Gang zusammentrommelte), um es irgendwie wieder aus dem Netz verschwinden zu lassen. Sogar ein XL-Statement via Instagram gab es anschließend wegen der ganzen Aufruhe, in dem sie ihre Beweggründe erklärte. Es sei eben ihr Body, ihr Image und damit auch ihre Wahl, was sie im Netz zeigen wollen würde und was nicht. Zu allen Details klickt später einfach mal hier. Fakt ist, die halbe Welt spricht aktuell – mal wieder – über den Kardashian-Clan. Und klar, ich bekomme das Ganze berufsbedingt natürlich ebenfalls am Rande mit.

Denn privat folge ich den Kardashians nicht auf Instagram. Schaue nicht ihre Serie und interessiere mich auch sonst kaum für sie und ihre Welt. Doch plötzlich lese ich immer mehr Reaktionen auf Khloés Posting, die mich doch sehr überraschen.

Die britische Grazia-Redakteurin Rhiannon Evans schreibt in einem Artikel beispielsweise Folgendes: „Ich fühle mich manipuliert. Ich fühle mich so traurig, so müde und dann unweigerlich so verärgert. (…) Ich bin Khloé auf Instagram entfolgt, wie ich es in letzter Zeit bei vielen Prominenten und Fitness-Influencern vermehrt getan habe.“ Und Rhiannon legt noch nach: „So sehr Khloé das Recht auf ihre eigene Autonomie hat, lerne ich langsam, dass ich auch beeinflussen kann, was ich sehe und wem ich zuhöre und deshalb die Auswirkungen ändern kann, die die sozialen Medien auf meinen Geist und mein Leben haben.“ 👏

Das nenn ich mal ein STATEMENT!  Und mir wird langsam bewusst, dass das Beschriebene eigentlich auch genau meine Gründe sind, weshalb ich Accounts wie denen der Kardashians, Jenners und Co. nicht folge. Keine Verurteilung oder Beurteilung an dieser Stelle. Jeder kann und darf natürlich „folgen“, wem er möchte. Jeder darf sich anschauen und interessieren, für was/ wen er möchte. Ich bin mit meinem Instagram-Content-Konsum auch kein Buddha.

Und zugegeben, die Kardashian-Girls und ihre Social-Media-Auftritte sind professionell, inspirierend, wenn es um neue Trends geht, und damit durchaus unterhaltsam. Sie haben alle viele Stunden und harte Arbeit in ihre Körper und Karrieren gesteckt. Absolute Credits dafür! I mean, alleine Kylie Jenners Vermögen wurde im vergangenen Jahr von Forbes auf rund 900 Millionen US-Dollar geschätzt! Irgendwas scheinen sie also richtig zu machen. Und trotzdem möchte ich sie nicht auf meinem Bildschirm sehen.

Welche exakten Gedankengänge mich zum Entfolgen und „Nichtfolgen“ des sexy Glamour-Contents bewegt haben und warum das Motto „Was ich nicht weiß (/sehe) –  macht mich nicht heiß“ so wichtig für meinen mentalen Umgang mit Social-Media und dem Leben anderer ist, bekommt ihr im Realtalk serviert. 👇

» Abschalten und Entfolgen sind für mich der Weg, um "schädlichen" Botschaften entgegenzuwirken, die Frauen seit Jahrzehnten über ihren Körper – auch von Frauen wie den Kardashians, Jenners und Co. – erhalten. «
Fine Bauer

Ein Realtalk mit mir selbst…

Ganz ehrlich?! Warum ist auf Social Media „Was ich nicht weiß (/sehe) – macht mich nicht heiß“ gesünder für mich?

Das neutrale Wahrnehmen der Bilder fällt mir schwer. Wie bei vielen frage ich mich, was die Bildsprache mir unterschwellig vermittelt und mit mir, meinem Weltbild und Selbstbild macht. Als Follower sieht man bei den Kardashians und Co. das „amazing life of rich America“. Alle Girls sind chirurgisch „schön“, immer in wahnsinnig coolen und sexy Outfits eingenäht oder halbnackt. Das Setting: natürlich wunderbare Villen und schicke Häuser. Kurz gesagt: ein Perfektionismus von Bildsprache. Dann gibt’s hier nochmal ein kleines Drama und mal dort eins. Gelegentlich wird der Begriff „Bodylove“ in völligem Widerspruch zur Makellosigkeit in den Raum geschmissen. Das ganze Dargestellte ist also fernab von meiner Realität und fühlt sich genau deswegen manchmal gefährlich für mich an.

Warum gefährlich?

Was ich sehe, das nehme ich auf. Für mich entsteht ein ungesundes, unterbewusstes Signal, „nicht mit dem eigenen Leben glücklich zu sein“, wenn ich ständig diese Foto-Reize sehe. Der Wunsch nach Konsum und „Selbstoptimierung“ steigt massiv an. Nach noch mehr seeeeexy Fashion-Trends, noch mehr Beauty-Produkten, noch mehr Make-ups, noch mehr Haut und sexy Sport-Kults, noch mehr Lippenauffüllern und Schönheitsoperationen.

Durch das Aufeinandertreffen von anderen Realitäten wird also insgeheim der Frust und Drang, irgendetwas zu kaufen, gefördert.

Es gibt – wie jetzt intensiv in Studien (hier) erforscht und bewiesen wurde – echte psychische Gesundheitseffekte wie Unzufriedenheit und Depressionen, wenn diese beiden Realitäten für normale Menschen wie wir es sind in Kollision geraten. Ich habe es früher selbst bei Bekannten, jüngeren Kollegen*innen in der Modewelt und auch bei mir gesehen. Wie oft hat man schon etwas nachgekauft, weil es ein Prominenter oder Influencer gepostet hat und natürlich extrem gut damit aussah?! Jep, sehr oft. Nur leider vergisst man dabei schnell mal, was noch alles hinter diesem extrem tollen Aussehen steckt.

Nämlich reichlich Equipment, Zeit, Energie, Geld, ein täglicher Personaltrainer, Visagisten, kostenlose SKIMS und und und. Wer von uns „Normalos“ kann dieses Spiel schon mitspielen? Die eigene Wahrnehmung und Aufmerksamkeit wird bei solchen perfekten Aufnahmen also in Lebenswelten gezogen, die nicht den eigenen entsprechen und erst gar nicht erreichbar sind. Für mich und eine wachsende Gruppe von Frauen ist das einfach zu „out of space“.

Crazy und irgendwie doppelmoralisch 

Total. Ich empfinde die ständige Zweiteilung der Social-Media-Welt als frustrierend. Die Kardashians möchten Verfechterinnen der Körpervielfalt sein – nur nicht, wenn es um ihre eigenen Körper geht. So können zum Beispiel Kollagen und Appetitzügler beworben werden, gleichzeitig werden aber auch Plus-Size-Jeanshosen und „Bodylove“angepriesen. Alle Sektionen sind abgedeckt und das ist irgendwie verwirrend und schräg.

Speziell im Fall von Khloés gelöschtem Instagram-Foto kommt tragischerweise immer mehr die Botschaft durch, dass für sie selbst ihr mehr als akzeptabler Körper inakzeptabel ist. Aber ist es nicht Khloé, die sich auch gerne mal für Body Positivity ausspricht? Und dann so ein Aufriss? Wegen nur eines nicht perfekt retuschierten Bildes? Das ist doch traurig!

Also wird Körperneutralität und Körperakzeptanz gefördert oder nicht?

Es ist so ein schwieriger Tanz. Viele bemühen sich täglich, darüber zu sprechen, oder daran zu arbeiten, sich selbst zu akzeptieren, sich in Verantwortung zu begeben, sich selbst wahrzunehmen und bestenfalls zu lieben. Als Prozess, mit Höhen und Tiefen. Für mich und auch Redakteurinnen wie Rhiannon Evans berauben sehr oft die Inhalte solcher Accounts Körperneutralität oder -Akzeptanz. Die Balance fehlt für mich und es wird toxisch. Abschalten und Entfolgen sind für mich der Weg, um „schädlichen“ Botschaften entgegenzuwirken, die Frauen seit Jahrzehnten über ihren Körper – auch von Frauen wie den Kardashians, Jenners und Co. – erhalten.

Ist das „Entfolgen“ eine Art Verdrängung?

Nicht Verdrängung, eher eine Form des Selbstschutzes, der Eigenverantwortung und der Balance mit sich selbst. Ein für mich ausgewählter, gesunder Umgang, bei dem ich probiere, zu dosieren, auf was ich meine Aufmerksamkeit richten möchte. Gleichzeitig interessieren sie mich aber auch einfach nicht. Ob das bereits aus dem „Selbstschutz“ entstanden ist, weiß ich nicht. Im Endeffekt möchte ich mir einfach „keine zusätzliche Meinung“ über Menschen, deren Körper und Leben machen müssen und mich in den Vergleich bringen.

» Ich entscheide, ob ich dem Aufmerksamkeit gebe oder eben nicht. «
Fine Bauer

Übertreiben wir es generell nicht mit Begriffen wie „Body Positivity“ und „Bodylove“?

Puhhh. Woher kommt der harte Gedankengang im Monolog? Aber klar, auch die Wörter „Body Positivity“ und „Bodylove“ können ein Trigger sein, der Frauen weiter unter Druck setzt und die Implikation, dass sie nicht genug tuen, in ihnen hochbringen. Mit anderen Worten: Wenn du deinen Körper nicht liebst, dann „versuchst du nicht hart genug, die mentale Arbeit dafür zu erledigen.“ Ob wir es damit übertreiben, ist so ein feiner Grad, den jeder wiederum für sich selbst definieren muss.

Für mich heißt das dann?

Das Motto „Was ich nicht sehe, macht mich nicht heiß“ anwenden.

Was siehst du lieber?

Bilder von Menschen, die etwas Erstaunliches gemacht haben. Ob mit ihrem Verstand oder körperlich. Gute Geschichten, tolle Aufnahmen unserer Erde und Quotes, die mich inspirieren. Bilder, die mir ein Lächeln aufs Gesicht zaubern, fühlen sich „besser“, „gesünder“ und „stressfreier“ für mich an. Ich möchte mich mit Dingen beschäftigen, die mich in meinem Leben mit mir selbst weiterbringen. Mich näher an meine Ziele und Träume bringen.

Und klar, trotzdem gilt natürlich: Jeder kann posten und sich darstellen, wie er möchte (solange dabei keine Diskriminierungen stattfinden, versteht sich). Doch am Ende entscheide immer noch ich, ob ich dem Aufmerksamkeit gebe oder eben nicht.❤️

x Fine

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