Immer mehr Menschen distanzieren sich von der katholischen Kirche – was jetzt passieren muss

Der Kirche fehlt der Nachwuchs, die Steuerzahler von morgen. Doch was wird aus einer Kirche ohne Mitglieder? Geht das überhaupt?

Mit klarer, ruhiger Stimme eröffnet Kardinal Reinhard Marx die offizielle Pressekonferenz zur Veröffentlichung des Münchener Missbrauchsgutachtens. Eine Woche, nachdem das Gutachten veröffentlicht wurde. Eine Woche, in der geschwiegen und die Schuld vom emeritierten Papst Benedikt XVI abgewiesen wurde. Es gibt nicht viel, was man dazu sagen kann. Das Verhalten der katholischen Kirche ist einfach beschämend und absurd. Gerade weil es nicht das erste Mal ist, dass sie und Verantwortliche an den Pranger gestellt werden und keinen Satz rausbekommen. Na ja, oder eben den falschen.

Denn ich weiß nicht, was schlimmer ist, die Tatsache, dass der Pressesprecher des Erzbistums München kurz vor Marx Auftritt über die Verfügbarkeit der Anlauf- und Beratungsstelle für Opfer von sexuellem Missbrauch informiert (WTF? Timing und so?!) oder, dass der Kardinal zugibt, bislang an „der dunklen Seite“ (wie er sie nennt) nicht das Interesse gezeigt zu haben, was er im Rahmen seiner Pflichten hätte tun sollen. Eine halbherzige Entschuldigung kann Marx gerade so hervorbringen. Persönlich soll sie sein. So persönlich, wie mit jemandem über WhatsApp Schluss zu machen.

Der Glaube als Priorität – nur noch für die Minderheit

Es wundert also kaum, dass die Ereignisse und Negativ-Schlagzeilen über die katholische Kirche derzeit immer mehr ihre Wellen schlagen. Die Zahl der Kirchenaustritte hat aktuell in Deutschland sein Rekordhoch erreicht. In München haben sich allein vergangene Woche 650 Menschen dazu entschlossen, aus der Kirche auszutreten. Auch in Nordrhein-Westfalen und Hamburg soll es so viele Anträge gegeben haben wie noch nie zuvor. Klar, die Menschen sind empört, enttäuscht und erschüttert. Als langjähriges, engagiertes evangelisches Gemeindemitglied bin ich das auch. Mich wundert es nicht, dass viele Menschen kurzen Prozess machen und aus der Kirche austreten wollen. Nur was ist, wenn das alle machen? Wie soll es weitergehen? 

Eine Kirche ohne Mitglieder. Geht das?

Keine Frage, das Nachbeben des Münchener Missbrauchsgutachten ist enorm. So heftig, dass die katholische Kirche selbst nicht mehr weiß, wie sie mit den Reaktionen umgehen soll. Vielleicht haben sie das auch einfach nie gelernt, die Pfarrer, Bischöfe, Kardinale und Päpste. Lieber bleiben sie an ihren Jahrhunderte alten Schriften kleben und verbreiten weiter die genauso alten Behauptungen, dass Abtreibung Auftragsmord sei, Scheidungen verpönt gehören und Mitglieder der LGBTQA+-Community ausgeschlossen werden sollen. Und ja, das gilt auch für homosexuelle Pfarrer:innen, Lehrer:innen, Seelsorger:innen und viele mehr. Sie alle müssen jeden Tag mit der Angst leben, für ihre sexuelle Orientierung entlassen werden zu können. Ist das krass oder ist das krass?

Super krass! Denn gerade jetzt wäre es so wichtig, Menschen eine Stimme zu geben und ihnen einfach mal zuzuhören. Auf ihre Fragen und Interessen einzugehen und sie nicht in irgendwelche Muster zu pressen, die gar nicht funktionieren. Besonders junge Leute wollen das Gefühl haben, dass sie verstanden werden, ihre Ideen miteinbringen und neue Initiativen starten können. Nicht, dass sie nach altmodischen, homophoben Regeln „leben“ müssen. Schon gar nicht, wenn es um ihren eigenen Glauben geht. Glaubt mir, ich habe sieben Jahre lang Konfirmand:innen-Unterricht gegeben. Ich weiß, wovon ich rede.

Also liebe katholische Kirche: Wenn ihr den Mut und den Ehrgeiz habt, euch in eine moderne, christliche Kirche zu verwandeln, dann fangt an zu handeln! Bekennt euch zu euren Fehlern, geht auf die Menschen zu und gebt ihnen das Gefühl, dazuzugehören. Sonst bleibt von euren Kirchen zukünftig nichts mehr übrig als ihre Jahrhunderte alten Mauern.

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