Mädchen werden in Naturwissenschaften immer besser – ohne sich dessen bewusst zu sein!

Die eigenen Stärken. Tja ja, ich weiß ja auch nicht, hmmm, vielleicht, ach nee, naja... Wow, das ist echt so ’ne Sache. Irgendwie sind wir (also: Menschen im Allgemeinen) gar nicht mal so gut darin, uns selbst richtig einzuschätzen. Und vor allem darin, ehrlich mit uns selbst zu sein. Denn meist erkennen wir im ersten Schritt schon gar nicht richtig an, wie viel Potential eigentlich in uns steckt.

Klar, oftmals bessert sich diese Selbstwahrnehmung mit den Jahren. So können wir Komplimente irgendwann besser annehmen und sind uns einiger Talente und Eigenschaften deutlich mehr bewusst. Aber was da so alles in einer Einzelperson schlummert? Wird selten so deutlich auf den Punkt gebracht. Dieses Problem mit der eigenen Einschätzung beschreibt Madeleine Leitner jedenfalls. Sie ist Karriereberaterin, aber auch Psychologin, und sie merkt in ihrem Arbeitsalltag immer wieder: „Die meisten haben einfach keine Ahnung, was wirklich in ihnen steckt.“

Was sie denn besonders gut können würden? „Na, nichts“. Eine Antwort, die ihre Klienten so häufig geben, dass es einem fast schon einen Stich versetzen kann. Natürlich ist niemand in NICHTS gut. Aber sind wir tatsächlich BESONDERS gut? In irgendwas? Sollen wir, bei all der Auswahl, so viel ausprobieren, bis endlich das Richtige für uns dabei ist? Frau Leitner gibt im Interview mit der Süddeutschen Zeitung Entwarnung:

„Die größten Fähigkeiten fallen uns so leicht, dass wir nicht einmal merken, dass wir überhaupt etwas tun. Und weil es uns so leicht von der Hand geht, denken wir: Das ist doch nichts Besonderes.“

Ich kann kein Instrument spielen – bin ich deshalb jetzt talentfrei?

Wir müssen gar nicht unbedingt der verkannte Opernstar sein, um ein verborgenes Talent zu besitzen. Es kann unsere Fingerfertigkeit sein, das organisatorische Geschick, die Empathie oder das mathematische Verständnis. Individuell wird für den Einzelnen eine Stärke daraus. Im Alltag, im Beruf, auf dem schulischen Weg dorthin. Ein Job soll Spaß machen, unsere Bildung soll Talente fördern – und zwar bei jedem von uns. Damit es zu einer so falschen Selbsteinschätzung erst gar nicht kommen kann.

Doch genau hier zeichnet sich das Problem bereits ab. Wie können wir unsere Stärken als solche erkennen, wenn sie nie wirklich als solche gewürdigt werden? „In den meisten Schulen geht es nur um Noten. Da werden Schüler dressiert. Die Förderung von Talenten spielt keine Rolle, Hauptsache, die Schüler funktionieren“, fügt die Psychologin erklärend hinzu.

Ein Problem aus Schultagen

Madeleine Leitner ist nicht die einzige, die diese Form der Förderung kritisiert. Ein ähnliches Ergebnis liefert auch der „IQM Bildungstrend“. Erst am 18. Oktober 2019 wurden die wissenschaftlichen Daten veröffentlicht und zugänglich gemacht. Insgesamt 45.000 Schüler der 9. Klassen aus ganz Deutschland wurden dazu befragt und geprüft. Eines der prägnantesten Ergebnisse, das daraus hervorgeht?

Mädchen schneiden in den naturwissenschaftlichen Fächern inzwischen gleich gut oder sogar besser ab, als die Jungs ihrer Jahrgangsstufe es tun. Ihnen selbst ist diese Tatsache aber oft überhaupt nicht bewusst. Weil es eben nicht als Talent angesehen wird, das gefördert werden muss. Und weil „Mathe“ und „Physik“ immer noch als die Fächer gelten, die „halt Jungs gut können“.

Doch wer sich einer solchen Stärke nicht bewusst ist, der läuft Gefahr, das eigene Potential darin zu verkennen. Und der fühlt sich letztendlich vielleicht nicht souverän genug, um Mathematik zu studieren oder Ingenieurswesen. Das Problem, das wir als Erwachsene mit uns herumtragen, weshalb wir Talente hinnehmen, aber nicht als solche erkennen… hat sich also oftmals bereits in unserer Kindheit festgesetzt. Darauf verweisen auch Philip Banse und Ulf Buermeyer vom Polit-Podcast „Lage der Nation“, die die Problematik dahinter wohl am treffendsten zusammenfassen:

„Das interessante ist doch, dass die Mädchen in der Regel besser geworden sind – aber nicht an sich glauben. Und die Jungs tendenziell eher schlechter abschneiden – es aber nicht mal bemerken“

Talente sind es nicht erst dann, wenn wir sie erkennen

Gerade Kinder verdienen daher die richtige Förderung. Nicht stärker, besser, leistungsorientierter. Sondern spezifischer, individueller, gleichberechtigt. Es ist eben gar nicht verwunderlich, dass Mädchen in naturwissenschaftlichen Fächern vergleichbar abschneiden. Aber es ist bezeichnend, dass ihnen diese Leistung auch heute noch so viel weniger bewusst ist:

„Das ist wirklich immer wieder frappierend… denn Mädchen sind immer noch weniger überzeugt davon, als die Jungen, dass sie gut in Mathematik und Naturwissenschaften sind. Gerade das ist aber so wichtig, weil Interessen und Selbstkonzepte sehr stark beeinflussen, welchen Leistungskurs ich beispielsweise wähle, welche Art von Beruf ich ergreife, welches Studienfach ich wähle“, bestätigt auch die Leiterin der Studie, Petra Stanat.

Mentale, psychologische und kulturelle Förderung sind also ebenso notwendig, wie inhaltliche. Damit in Zukunft kein Mädchen, kein Junge, und am besten auch sonst niemand mehr, stotternd überlegen muss, wenn die Frage nach den eigenen Talenten gestellt wird. Wir alle haben sie. Meist sogar offensichtlicher, als gedacht. Wir erkennen sie nur selbst zu selten als solche an. Oder bekommen von der Gesellschaft die falsche Erwartungshaltung vermittelt. Und verspielen so vielleicht die Chance auf den möglichen Traumjob. Oder eben, fast noch wichtiger (!!), auf eine realistische, wohlwollende Selbstwahrnehmung. 

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