15 Minuten Sendezeit, die nicht nur zur Prime Time bewegen: Leute, schaut euch „Männerwelten“ an

15 Minuten lang ist es ungewöhnlich still in den deutschen Wohnzimmern. Zur Prime Time, 20:15 Uhr. Ihr wisst, was das zu bedeuten hat: Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf haben es wieder getan. Sie haben die Dienstagabend-Show „Joko und Klaas gegen ProSieben“ für sich entscheiden können … und dürfen entsprechend Sendezeit gestalten. Ganz nach ihren Wünschen und Vorstellungen.

Doch was da am gestrigen Abend über die Bildschirme flimmerte, hat nichts mit der gewohnten Unterhaltung oder Selbstinszenierung zu tun. Stattdessen überlassen die Moderatoren verschiedenen Frauen die Bühne, in einer Ausstellung der besonderen Art. Die den vielsagenden Titel „Männerwelten“ trägt.

Darin beleuchtet? Wird sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt, wie sie allein in Deutschland beinahe die Hälfte der Frauen schon mindestens einmal erlebt hat. Es wird also ein Thema in den Mittelpunkt gerückt, das trotz seiner Allgegenwärtigkeit viel zu selten medial Gehör findet. Geschweige denn zur besten Sendezeit so deutlich ins Bewusstsein gerückt wird.

Hindurchgeführt werden wir dabei von Autorin und Journalistin Sophie Passmann, die ihre sarkastischen Art auch jetzt nicht verliert, während sie mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Souveränität mal eben Fernsehgeschichte schreibt.

Macht euch bitte dennoch bewusst: Das Anschauen dieses 15-minütigen Videos tut weh. Es schnürt die Kehle zu, löst Erinnerung aus, will uns wegschauen lassen. Und muss genau deshalb doch immer wieder so präsent gezeigt werden. Dick Pics, Übergriffe (ob online oder offline), sexualisierte Textnachrichten, unangebrachte Berührungen, Schuldzuweisungen, Vergewaltigungen. Das alles passiert jeden Tag. All diese Formen der Gewalt müssen Frauen auf der ganzen Welt in viel zu akzeptierter Regelmäßigkeit ertragen. Und nur selten wird ihr Leiden auch wirklich angemessen ernst genommen oder angeprangert.

„Männerwelten“ – eine Ausstellung, die weh tun muss

Es gehört eben dazu, dass Mädchen und Frauen auf dem Heimweg besser aufpassen müssen. Dass sie ihre Schlüssel nach jeder Party griffbereit in der geballten Faust mit sich führen. Der Klaps auf den Po, der anzügliche Kommentar, das „Hab dich mal nicht so“, der Stempel wegen des „zu kurzen“ Rockes. Sexuelle Übergriffe sind in unserer Gesellschaft so sehr normalisiert und allgegenwertig, dass die Scham und Schuld oftmals alleinig beim Opfer liegt. „Männer sind halt so“, „Jetzt übertreib‘ mal nicht“, „Das war doch nicht böse gemeint“. Bullshit!

Repeat after me: Die Schuld solcher Taten liegt immer beim Täter. Das müssen wir alle verstehen, um eingefahrene Strukturen aufbrechen zu können. Genau deshalb ist es auch so wichtig, dieses Video anzuschauen – selbst wenn es unangenehm berührt. Und es ist noch viel wichtiger, gerade auch in Mainstream Medien für die sexualisierte Gewalt gegenüber Frauen zu sensibilisieren.

15 Minuten Live für ein wichtiges Thema

Nicht mit Joko und Klaas als wirkungsvolles Aushängeschild, sondern mit Frauen, die ihre eigenen Geschichten erzählen. Und auch nicht in Form von dramatischer Überspitzung. Was in diesen 15 Minuten gezeigt wird, passiert genau so schließlich jeden Tag aufs Neue. Prominenten Frauen ebenso wie denjenigen, die hinter uns an der Supermarktkasse stehen. Wo könnte es also notwendiger sein, darüber zu sprechen, als in den Wohnzimmern zahlreicher Deutscher? Damit nicht nur wir uns, in unserer Bubble, beim Zuschauen unwohl fühlen müssen.

Denn solange es für Frauen auf der ganzen Welt weiterhin dazugehört, sexualisiert und belästigt zu werden, braucht es nichts dringender, als eben jene Form der Sensibilisierung – und Sichtbarkeit. In diesem Sinne: Schaut euch dieses Video an (Achtung Trigger-Warnung!), teilt es, bewertet es, hinterfragt kritisch … und lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass es noch deutlich länger als 15 Minuten Bestandteil der öffentlichen Debatte bleibt.

Belästigung von Frauen? Ist leider noch immer Alltag…

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