Vorab: Niemand, ich wiederhole, absolut NIEMAND hat das Recht, sich so diskriminierend, abfällig und verletzend über einen anderen Menschen, dessen Körper, Geschlecht, Herkunft oder Hautfarbe zu äußern. Das ist keine freie Meinungsäußerung, das ist das Verhalten eines unreflektierten Arschlochs. Das Diskriminierungsverbot gehört zum Kern der Menschenrechte. Der Fall von Jules zeigt, dass es wieder an der Zeit ist, sich erneut damit auseinanderzusetzen. Um Bewusstsein zu schaffen. Und toxische Verhaltensmuster in der Gesellschaft weiter aufzulösen.
„Was stimmt mit Deutschland nicht? Der Fall Julia Kremer: Miss Hamburg-Wal statt Miss Hamburg-Wahl?“ – So lautet die Headline eines deutschen Online-Magazins, die mich zuerst perplex und sprachlos, dann aber vor allem sauer gestimmt hat. In dem Punkt, was mit uns (als Gesellschaft) nicht stimme, kann ich dem Autor der Schlagzeile zustimmen, der Rest geht gar nicht! Dass es sich hierbei nicht um extrem zynischen Humor handelt, sondern diese Zeilen ernst gemeint sind, liest sich nämlich sofort raus! Wie kommt man also dazu, derartig eklig öffentlich über ein Individuum – in diesem speziellen Fall Julia Kremer – herzufallen, weil sie nicht den eigenen optischen Erwartungen entspricht? Ich sehe keine! Lediglich mehr Spaltung und Bodyshaming. Meinungsfreiheit ordentlich reflektiert und begründet? Immer sehr gern, aber doch bitte mit Respekt und Anstand! Nicht so!
Ich habe Julia Kremer (31) zu den Umständen dieser extremen Headline interviewt. Die 31-Jährige, auch bekannt als Jules SchönWild, ist Bloggerin, Bodyaktivistin – die fleißigen trèsCLICK-Leser*innen kennen sie schon durch den #RespectMySize-Artikel – und die neue Miss Hamburg 2021. Durch ihre Ernennung hat sie viel positiven Zuspruch bekommen, doch gleichzeitig hat sie sich auch in die Front Row für verbale Angriffe von Hatern gesetzt, die, wie wir oben lesen können, nicht lange auf sich haben warten lassen. Warum? Weil diese Menschen finden, dass Julia nicht dem „gängigen dünnen“ Schönheitsideal einer Miss entspricht. Im Interview verrät mir Jules, dass sie sich für neue „Sehgewohnheiten“ in unserer Gesellschaft einsetzt. Sie erzählt mir, wie sie gelernt hat, „gesund“ mit Beleidigungen umzugehen, was sie dadurch über sich selbst, aber auch die Menschen hinter den Angriffen gelernt, und welche starke Rolle Humor in ihrem Leben eingenommen hat. ❤️