Nur eine Kundin hat mich mal gefragt, ob ich jetzt „Islamistin“ sei. Sie meinte wohl „Muslima“, denke ich. Danach hat sie versucht, aus mir herauszukitzeln, dass das alles nicht meine freie Entscheidung ist. Sie dachte, mir würde das meine Familie oder ein Mann vorschreiben. Das ist ja trotzdem eine recht nette Reaktion. Andere zu fragen, ob alles in Ordnung ist, ist immer der bessere Weg als jemanden gleich zu verurteilen. Hier ist die Gegend ja aber auch sehr zivilisiert. Von einer Freundin, die immer in so einem weiteren Gewand rumläuft, keine Burka, sondern das, was man darunter trägt, habe ich mal gehört, dass sie auf der Straße angespuckt wurde. Das war auch nach einem Attentat. Was die Leute daran nicht verstehen, ist, dass das alles wenig mit dem Islam zu tun hat. Die ISIS ist meiner Meinung nach vor allem ein politisch-gesellschaftliches Problem, die Religion wird in den Lehren absichtlich falsch ausgelegt. Das sagen die uns auch immer in der Moschee, die ich besuche: Wir sollen vorsichtig sein und nicht zu leichtgläubig, wenn uns jemand seine Meinung aufzudrängen versucht. Vor allem sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass der Koran friedlich ist. Seitdem ich richtig gläubig bin, bin ich ein viel ruhigerer Mensch geworden. Mich stört es nicht, dass ich gerade geschieden bin, weil ich darauf vertraue, dass alles im Leben seinen Sinn hat, ich begegne anderen Menschen freundlich und versuche mein Glück zu teilen, wie es im Koran steht. Im Prinzip sind Koran, Bibel und Co. eigentlich alle gar nicht so unterschiedlich, habe ich mal gehört. In allen Büchern steht geschrieben, dass du nicht stehlen, nicht töten, nichts fälschlich begehren darfst.
Das macht es für mich noch mal so deutlich, dass Menschen, wie diese ganzen Attentäter, den Glauben bewusst falsch verstehen. Im Koran steht ganz deutlich, „Wer einen Menschen tötet, tötet die Menschheit, wer einen Menschen rettet, rettet die Menschheit.“ Eigentlich sollte es gar nicht so wichtig sein, welche Religion wir haben, oder welche Sexualität. Man sollte trotzdem immer offen auf andere Menschen zugehen, auch wenn sie eine andere Auffassung vom Leben haben, als man selbst. Ich fand Frauen in Burka früher selbst zum Beispiel auch unheimlich, bis ich mal eine von ihnen angelächelt habe und sie dann mit mir gesprochen hat. Das kann ich nur jedem empfehlen, der Angst hat und sich solchen Frauen gegenüber unsicher fühlt: Lächeln und fragen, warum sie so herumlaufen.“
Danke, Hawa. Und wo wir gerade schon davon sprechen: Genauso gern dürfen natürlich auch Frauen mit Schleier, in Burka, mit Habit oder in Stringtanga und Strapse auf mich zukommen und fragen, warum ich nicht so wie sie herumlaufe. Fremdes wird befremdlich, wenn man sich nicht austauscht, nicht miteinander kommuniziert. Zeit es zu tun, wann immer unser Kopf Dinge denkt, die wir dort nicht haben wollen.