Ich habe mit einer Nudistin gesprochen – und ihre Botschaft wird dich zum Nachdenken bringen

Vor circa einem Jahr klickte ich mich – wie jeden Tag – auf Instagram blind von Profil zu Profil und blieb bei einem ganz bestimmten plötzlich hängen. Was ich dort sah, war nämlich nicht der 94. Detox-Tee oder das 120. gebleachte Hollywood-Smile, sondern… Brüste. Große, nackte Brüste – so richtig in your face. Äh, okay? Kann man nicht wenigstens noch IRGENDETWAS für sich behalten?, dachte ich mir und fand’s irgendwie uncool. Wie bei vielen anderen Menschen war meine instinktive Reaktion auf Nacktheit Irritation und Abneigung. Als Frau zeigt man sich nicht so. Und genau hier sind wir beim Problem. Denn wir alle empfinden nackte Haut ab einem gewissen Grad als anstößig und „obszön“. Dabei ist es doch eigentlich das Natürlichste der Welt?!

Heute, ein Jahr und viele Gespräche später, verstehe ich, warum Taesh Seebacher – 26-jährige Bekleidungstechnikerin – den Leuten durch die Bildschirme quasi mit jedem Post ihre Brüste und ihren Hintern ins Gesicht drückt. Freiheit ist das zentrale Thema im Leben – und auf dem Instagram-Account – der Nudistin, Feministin und Aktivistin. Wieso, weshalb, warum? Sie verrät es euch selbst. Spoiler: Ihr werdet euch mit ziemlicher Sicherheit eure Gedanken dazu machen. 🙏🏼

TC: Als ich dich damals bei Instagram entdeckte und deine Nacktbilder sah, war ich fast schon schockiert über deine Freizügigkeit. Erzähl mal, wie das alles anfing. Kam irgendwann einfach der Tag, an dem du dachtest: „Zeit für nackte Brüste!“?

Taesh: Ich war vor genau einem Jahr gerade voll dabei, mein Modelabel voranzubringen und hatte auch die ersten Dessous genäht. Dafür habe ich dann mit Arnold Hammer Fotos gemacht und wollte dann unbedingt noch eine Bilderserie, in der ich mir das Tape von den Nippeln reiße.

Das habe ich dann auch unzensiert gepostet. Natürlich war es binnen 24 Stunden weg – aber mein Wille wurde geschürt, dafür zu kämpfen, dass diese alberne Zensur von Brustwarzen beim weiblichen Geschlecht ein Ende hat. Also postete ich alles unzensiert auf Tumblr und schrieb meine Gedanken dazu auf. Diese Zeit ist seit dem 17. Dezember 2018 ja leider vorbei (da wurden Nudes mit Pornographie gleichgestellt und verboten, Anm. d. Red.) Damals habe ich mich auch das erste Mal zu Demo-Zwecken auf der Straße nackig gemacht.

Hattest du schon immer einen gewissen Hang zur Freizügigkeit oder hat der sich durch bestimmte Gründe mit der Zeit entwickelt? Dazu gehört ja auch ziemlich viel Mut.

Als wirklich freizügig würde ich mich, rückblickend auf damals, noch nicht bezeichnen, aber ich mochte schon immer Mode, die meine natürlichen Körperformen betont. Ich habe ziemlich starke Rundungen – es kann also auf andere „sehr viel“ wirken. Es hat sich mit der Zeit eher entwickelt, dass ich vor allem zu Hause gerne nackt bin, um meinen Körper besser zu verstehen. Selbst die bequemste Unterwäsche passt irgendwo nicht zu 100% zu mir und drückt irgendwo. Ohne das alles hat man gar keinen Grund, zu sagen, der Körper sei zu dick, zu groß oder gar falsch geformt! (AMEN?! 👏🏼)  Das hat mir sehr geholfen, mehr dazu zu stehen, wie ich aussehe. Und das eben auch nackt in der Öffentlichkeit.

Wie war die Reaktion deines Umfelds und von Fremden im Netz, als du deine ersten Nudes gepostet hast? War der Shitstorm groß?

Mein Umfeld hat zum Großteil super entspannt reagiert. Tatsächlich habe ich aber leider ein paar „Freunde“ verloren, die damit nicht umgehen konnten und auch meine Beweggründe nicht verstehen wollten. Der Shitstorm kam eher von einigen Männern, aber auch nur online, nachdem ich meine Bio bei Insta in „Nudist – Feminist“ geändert hatte. Die konnten nicht glauben, dass das zusammenpasst. Es gibt sicher auch viel Gossip über mich, vor allem aus alten Bekanntenkreisen – ich war an einem katholischen Gymnasium –, aber der wird eher hinter meinem Rücken ausgetauscht und ich möchte davon auch nichts wissen.

Welche Meinung haben deine Eltern dazu?

Ich habe ihnen, um ehrlich zu sein, nur eine Möglichkeit gegeben, nämlich stolz auf mich zu sein. Sie wissen, dass ich Ideen in meinem Kopf habe und diese auch gerne umsetze – ohne Rücksicht auf Verluste.

Das klingt so toll! Taesh, dich fotografieren ja meistens Männer, und sicherlich wirst du oft gefragt: „Ist das nicht komisch? Geilt der sich daran nicht auf?“ Und wie fühlst du dich dabei, dich vor einem Mann – mit dem du keine intime Beziehung hast – auszuziehen?

Mich fotografieren tatsächlich hauptsächlich Männer (kurze Zwischenfrage: Wo sind hier eigentlich die weiblichen Fotografinnen?), für mich sind das in dem Moment aber keine „Männer“, sondern Menschen, bei denen Sexualität gerade überhaupt keine Rolle spielt und mit deren Hilfe ich tolle Konzepte umsetze. Sollte ich das Gefühl haben, sie teilen meine Vision nicht, würde ich auch nicht mit ihnen shooten.

Du bist gegen die Zensierung von weiblichen Nippeln auf Instagram und für die Gleichstellung der Gender – warum liegt dir das so am Herzen?

Die Zensierung vom weiblichen Körper im Kontrast zu der nicht vorhandenen des männlichen spiegelt einfach eins zu eins, was in unserer Gesellschaft leider immer noch normal ist: Die Frau muss sich so anziehen, dass man keine einzige Kurve mehr vom Körper sieht, um als Businessfrau ernst genommen zu werden und seriös zu wirken. Auch in der Freizeit gibt es schnell böse Zungen – übrigens nicht nur aus männlichen Mündern –, die sie als „Flittchen“, „Schlampe“ etc. abstempeln, wenn sie körperbetonte Klamotten anhat (und Gott bewahre: keinen BH!).

Das ist einfach ätzend und wir müssen es ändern. Zudem dürfen wir hier in Deutschland per Gesetz im Alltag nackt sein und im Fernsehen werden auch in den 20-Uhr-Nachrichten Nippel gezeigt. Diese Freiheit sollten wir uns nicht von amerikanischen Unternehmen wie Instagram nehmen lassen.

Hast du denn das Gefühl, als Frau im Alltag tatsächlich immer noch oft sexualisiert oder objektifiziert zu werden?

Auf jeden Fall. In gewissem Maß und mit dem nötigen Respekt finde ich das aber komplett in Ordnung. Wir werden niemals die Sexualität jedes Einzelnen aus dem Alltag verbannen können. Und das ist auch gut so. Es ist schließlich etwas Wunderschönes, aber es muss eben mit beidseitigem Einverständnis stattfinden.

» Wenn ich nur einen Menschen pro Monat dazu bewege, einen neuen Blickwinkel auf Freiheit, Nacktheit und Sexualität zu werfen, dann habe ich die Welt schon ein kleines bisschen besser gemacht. «
Taesh

Warum, denkst du also, stören sich deiner Meinung nach noch immer so viele Männer und Frauen an Nacktheit, obwohl wir doch ALLE nackt geboren werden?

Viele sind so aufgewachsen, dass man „das“ halt einfach nicht tut. Es gehört sich nicht. Dennoch können wir das so nicht einfach stehen lassen, sonst würden wir uns ja nie weiterentwickeln. Im Endeffekt geht es mir auch gar nicht ums Nacktsein, sondern darum, jeden so leben zu lassen wie er/sie/es möchte, an- oder auch ausgezogen. Und das schränkt ja nun wirklich auch niemanden um dich herum ein.

Word, Girl! Und so generell, wie ist die Resonanz auf dein Instagram-Profil? Offenbar läuft’s ja ganz gut, deine Follower-Zahlen wachsen…

Natürlich habe ich einen hohen Anteil an männlichen Followern. Ich liebe es aber, wenn ich Ähnlichdenkende finde, mit denen ich mich austauschen kann und wir uns dann gegenseitig unterstützen. Viele werden meine Fotos auch einfach nur so anschauen – aus ästhetischen oder eben auch aus sexuellen Gründen. Aber wenn ich nur einen Menschen pro Monat dazu bewege, einen neuen Blickwinkel auf Freiheit, Nacktheit und Sexualität zu werfen, dann habe ich die Welt schon ein kleines bisschen besser gemacht.

Du hast dich kürzlich sogar auf der OMR ausgezogen und dich oberkörperfrei mit einem Schild „Nudity is not porn“ in die Menge gestellt. Krass! Erzähl mal, wie war das so?

Es hat all meine Erwartungen übertroffen! Wir – eine Freundin, ich und die Jungs, die’s mit der Cam begleitet haben – waren schon etwas aufgeregt, aber die mehrheitliche Resonanz war super. I mean, Instagram hat uns nackt an ihrem Stand posen lassen, der erste Schritt ist getan! Ich konnte mich vor Ort sogar noch mit Besuchern der Messe unterhalten und ihnen meine Sicht der Dinge erklären. Das hat mir so viel gegeben, dass ich so eine Aktion bald erneut machen werde, dann aber noch mit mehreren Aktivisten. So können wir uns ja jetzt eigentlich schon nennen … und noch größer auffahren mit Plakaten.

Wo ziehst du selbst die Grenze zwischen „ästhetisch nackt“ und „billig nackt“? Gibt es die?

Meine persönliche Grenze ist sehr schwierig zu ziehen. Das liegt daran, dass ich in meinem idealisierten Weltbild noch keinen richtigen Platz für Sexualität gefunden habe. Prinzipiell muss das aber jeder für sich entscheiden. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass meine Fotos für viele schon „drüber“ sind. Das ist aber jedem Betrachter/jeder Betrachterin selbst überlassen. Sie sollten aber nicht mich oder meine Fotos für ihre, vielleicht auch sehr wilden, Gedanken verantwortlich machen. Wir ziehen ja auch im Sommer Sandalen an, selbst wenn ein Fußfetischist vorbeikommen könnte und sich davon angeturnt fühlt…

Sicher hast du ein sehr gutes Verhältnis zu deinem Körper, oder? Und wie hat sich das verändert, seit du ihn so offen präsentierst?

Je länger ich diese nackteren Fotos mache,  desto mehr akzeptiere ich jede einzelne Delle, Falte und Rundung! Viele meiner Fotos sind gar nicht bearbeitet oder haben nur eine leichte Farbkorrektur. Ich liebe es, Natürlichkeit zu zeigen. Gerade kleine Makel an uns sind das, was uns interessant macht. Ich habe z.B. unterschiedlich große Brüste, die ich früher niemals ohne BH gezeigt hätte. Jetzt bin ich stolz drauf und kann mir gar nicht mehr vorstellen, sie ständig in BHs zu zwängen.

Keinen BH zu tragen ist auch so ziemlich das befreiendste Gefühl der Welt! Zum Abschluss: die Message, die du verbreiten willst, in einem Satz.

Deine persönliche Freiheit hört erst da auf, wo sie die des anderen begrenzt.
YES, Girl. Standing Ovations everyone, please! 👏🏼 Ich habe dem nichts hinzuzufügen und kann als Frau nur Danke sagen, dass andere Frauen wie du den Weg in eine freiere Zukunft mitgestalten. Und jetzt ziehe ich erstmal meinen BH aus.

Noch Fragen, irgendwer?

 

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