Oliver Pocher und Will Smith: Welche Emotionen stecken hinter den körperlichen Attacken??

Die vergangenen Tage gingen körperliche Verzweiflungstaten vor laufender Kamera ab – Bei den Oscars und in Deutschlands „Promi“-Szene

Körperliche Gewalt vor laufender Kamera auf Veranstaltungen…WTF geht hier ab?

Zunächst mal habe ich ohne Triggerwarnung das Video von Oliver Pocher gesehen. Um euch kurz abzuholen: Bei einem Boxkampf saß dieser auf seinem Platz im Zuschauerrang. Plötzlich kam ein Mann auf ihn zu und näherte sich, bevor er ihm anschließend ohne jegliche Vorankündigung ins Gesicht schlug. Und zwar so richtig. Was folgte waren verstörende Bilder eines völlig überrumpelten Oli Pocher, der sich zusammenkauerte. Um ihn herum saßen Menschen, aber niemand reagierte. Selbst als er aufsprang und in Bewegung kam, sich hilflos umschaute und auf den Kerl zeigte, regte sich nicht wirklich etwas. In seinem späteren Statement-Video nannte Pocher das übrigens ein eindrucksvolles „Beispiel der deutschen Zivilcourage“. Joa – so viel dazu…

An dem Tag haben mich rund um den Vorfall viele Gedanken beschäftigt. Viele in meinem Umfeld haben darüber gesprochen und über einen möglichen Fake gemunkelt. Aber ich war mir sehr sicher: Dieser Gesichtsausdruck und die verängstigte Körperstarre konnten wirklich, wirklich schwer geschauspielert sein. Aber es war eben wirklich fiese Gewalteinwirkung. Es passierte ohne Vorbereitung. Sie kannten sich offensichtlich nicht. Und die Person, die es gefilmt und veröffentlicht hat, wusste ja schon vorher, dass es passieren würde, was es noch viel abgefuckter macht.

Doch damit nicht genug: Wenig später hat bei den Oscar-Verleihungen nämlich Preisträger Will Smith dem Comedian Chris Rock eine geschallert – und damit gefühlt das Internet gesprengt. Ein paar Minuten später nahm er dann den Oscar als bester Hauptdarsteller entgegen. Klingt irgendwie verwirrend? Fand ich auch! Chris Rock machte nämlich Witze auf die gesundheitlichen Kosten von Will Smiths Frau. Der ging daraufhin straight auf die Bühne und knallte ihm eine. Und so sponn sich mein Gedankenkarussel weiter. Diese Gesichtsausdrücke dieser Männer waren so pur und verzweifelt. Teilweise wütend, traurig, ängstlich, verstört, lächelnd. Es war alles dabei. Bei allen Vieren. Geschädigten und Tätern.

Unweigerlich musste ich an die Rolle von Will Smith als Vater in „King Richard“ denken. Wie das Schicksal es so will, hat er ja dafür auch den Oscar bekommen (den er eventuell ja sogar aberkannt bekommt). Völlig kopflos, stur, hart und unfair mit absolut null Bock auf die Verantwortung, aber dennoch dazu gezwungen. Durch seine Unsicherheiten und Bedürfnisse nach Statussymbolen und Aufmerksamkeit kam er sehr unsensibel und egoistisch rüber. Dabei schien es ihm der einzige Ausweg aus seinem schwierigen Leben, wenn er diese Rolle übernehmen und für immer durchziehen würde. Allein schon, weil sein Umfeld von reichen Weißen und seine Familie zu Hause ihm immer wieder vorhielten, wie ein Mann zu sein hat. Soweit zu seiner Rolle im Film.

Also, ja: Ich frage mich, ob so ein Angriff wirklich aus einer Übersprungshandlung und Unsicherheit heraus passiert. Jemand, der verletzt wird, aber sehr selbstbewusst ist, regelt Streitereien vielleicht eher verbal. Wenn du selbst allerdings das Gefühl hast, dass dein Umfeld den Anspruch hat, dass du dich jetzt „MÄNNLICH“ verhalten und verteidigen müsstest, dann kann sich so etwas schnell in eine Überreaktion verwandeln. Vor allem, wenn du gar nicht weißt, was das eigentlich bedeutet.

Wäre ich ein Mann, dann ein Überforderter!

Ich kenne das aus meinem eigenen Leben. Mein Freund soll auf der Arbeit eine Führungsposition darstellen und als Vorbild dienen. Dort ist gesellschaftlich festgelegte „Stärke“ in Form von Leadership, Klappe halten vor Geschäftsmännern, „Gentlemen Agreements“, und Antworten auf alles mögliche parat haben, ein absolutes MUSS. Dann fährt er nach Hause, wo ich mir wünsche, dass er mehr über seine Gefühle spricht, seine Ängste mit mir teilt und meine Gedanken liest. Im nächsten Moment geht er ans Handy, wo seine „Bros“ ihm sagen, was sie am Wochenende vorhaben, um ihn mal wieder so richtig aufzuziehen, und nach dem typischen Brustgefieder-Aufplustern ein „Alles klar Bruder, regeln wir, man! Wird krank!“ raushauen und auflegen. An eben diesem Wochenende muss er dann gegebenenfalls *rein aus Spaß natürlich* seinem Vater erklären, warum er sich neuerdings auch noch für Inneneinrichtung und Mülltrennung interessiert und wo er denn seine Murmeln gelassen hat. (Die Antwort ist natürlich glasklar: In meiner Handtasche, weil ich ihn verweichlicht habe)

Und diese wilden Wechsel und Ansprüche immer wieder zu sehen, lässt mich fast denken, dass diese offensichtlichen „Stärken“ kaum Spielraum lassen. Du musst ein richtiger Mann sein. Ein Vorbild. Beständig sein und Sicherheit vermitteln. Und sobald du aber eigentlich eben auch mal eine Unsicherheit entdeckst, drehst du vielleicht wirklich frei. Einfach, weil du nicht weißt, was alle von dir wollen. Und wer du eigentlich bist. Und weil du nicht gelernt hast, deine Gefühle gesund zu kanalisieren. Und zack, stehst du da und wirst handgreiflich und siehst einfach rot. Kann passieren.

Was übrigens ausnahmslos niemals (!!!) okay ist. Es gibt kein Recht dazu, handgreiflich zu werden. Und selbst wenn ich im Falle von Oliver Pocher auch anmerken möchte, dass ich verbale Gewalt durch bewusste Verletzung der Gefühle anderer Menschen nicht okay finde, ist auch das keine Einladung für körperliche Gewalt. Der Mann wurde wirklich straight und mit voller Wucht geboxt. Diese Grenzüberschreitung kann nachhaltig auch mental wirklich große Schäden verursachen. Und nur, weil Pocher das verbal vielleicht auch bei anderen zu verantworten hat, rechtfertigt das keine Handlung auf diesem (fehlenden) Niveau ihm gegenüber.

Und NATÜRLICH kann man es leicht machen und versuchen, es abzutun. Damit, dass Will Smith schon immer strange war. Damit, dass er wohl zu Scientology gehört und dort an toxische Orte kommt. Und auch damit, dass der Angreifer von Oliver Pocher aus der Deutschrat-Szene kommt, die ja eh komplett hohl, gewalttätig und schlimm ist. Damit, dass Männer ja früher immer den Job hatten, sich körperlich zu behaupten, blabla. Das kann man alles machen. Ob es etwas besser macht, das wage ich allerdings zu bezweifeln. Weder für die Geschädigten, noch für die Täter. Um eine Wiederholung zu vermeiden, wäre es deutlich schlauer, zum Ursprung der Gefühle zu gelangen und an sich zu arbeiten.

Es ist eben nicht nur: Oh höhöhö, die haben sich eine verpasst. Sondern dahinter stehen gesellschaftliche Strukturen, vor allem unter Männern selbst, die wirklich gefährlich werden können und bereits sind. Positive Bestätigung bei großer Unsicherheit wirkt eben wie eine Art Droge. Ob du nun unsicher bist, deine Freundin angehst und deine Jungs dich danach aber abfeiern, oder ob du einen anderen Mann verprügelst und anschließend von deiner Familie als stolzer Kerl zelebriert wirst – es ist toxisch und begünstigt seelische und körperliche Einschränkungen der Geschädigten, bloß, weil du im Leben etwas verloren bist. Und diese Verantwortung zu übernehmen, das festzustellen und für sich selbst einen Richtungswechsel einzuschlagen, das kann ich mir nur wünschen. Für Will Smith, Chris Rock, Oliver Pocher und seinen Angreifer.

Es bringt nämlich keinem etwas Nachhaltiges. Unsicherheiten bleiben solange, bis man sie selbst erkennt und bearbeitet. Bis dahin wünsche ich mir von ganzem Herzen, dass Will Smith seinem Sohn erklärt, dass so etwas keine Heldentat ist. Der fand es nämlich total krass, was sein Vater da gemacht hat und sprach sogar von „Stolz“. Aber es geht einfach nicht. Auch nicht für die eigene Frau, Mutter oder Schwester. Und genau so hoffe ich, dass der Kreis der Fans des Pocher-Schlägers nicht weiter wächst und sie für die eigene Entwicklung mal zu einer psychologischen Unterstützung finden. Ein frommer Wunsch, I know.

Negative Handlungen gegeneinander abzuwägen geht meiner Erfahrung nach eben nie gut und bringen auch niemanden weiter. Alle Auseinandersetzungen und Situationen verdienen es, aufgrund unseres zwischenmenschlichen Respekts analysiert zu werden. Und da kann natürlich der Umstand nicht komplett außen vor gelassen werden. Es ist wichtig, herauszufinden, was die Motivation hinter des Angriff des Deutschrappers auf Oliver Pocher war.

Genau so, wie die körperliche Auseinandersetzung bei den Oscars. Auch, wenn wir alle Unsicherheiten und Triggerpunkte haben, sollten wir zu Gunsten unseres Zusammenlebens miteinander lernen, Verantwortung zu übernehmen. Wenn wir verletzt sind. Wenn unsere Liebsten verletzt werden. Auch, wenn „Liebe macht, dass wir Verrückte Dinge tun„, wie Will Smith nach seinem Angriff sagte. Wenn es um sensible Themen wie Krankheiten oder schwache Momente geht. Auch dann entwickeln wir uns weiter, wachsen und lernen diese Verantwortung zu übernehmen und miteinander zu sprechen. Unsere Verletzung zu kommunizieren. Und wenn du der erste Mann in deinem Umfeld bist, der das so handhabt und etabliert, dann sei stolz auf dich! Irgendwo muss immer ein Anfang sein…

Und wenn das noch nicht so funktioniert, dann tut Feedback aus dem engen Freundes- und Familienkreis gut. So wie bei Will Smith, der sich mittlerweile ja zweimal entschuldigt hat und bereits auf der Bühne einen Gefühlsausbruch hatte. Mit seiner Frau darüber zu sprechen und zu sehen, wie sein Sohn die Gewalttat befürwortet hat, kann bereits etwas in ihm ausgelöst haben. Im Falle Oliver Pocher wird es wohl leider einen anderen Weg geben, voller Gerichtsverhandlungen, Drohungen gegen ihn und seine Familie und einem großen verbalen Schlagabtausch.

Es ist nicht schlimm, wenn wir etwas nicht besser wissen. DAS können wir ändern. Sobald wir aber dadurch eben anderen Menschen wehtun, verbal oder physisch, dann sollten wir die Verantwortung dafür tragen und versuchen, ihnen etwas Gutes wieder zurückzugeben. 🙁🤍

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