Militär-Propaganda, rassistisch, misogyn – „Purple Hearts“ wird aktuell im Netz stark kritisiert

Über 102 Millionen Stunden Watchtime, Platz 1 der Netflix-Charts in 93 Ländern und tausende hingerissene Kommentare in den sozialen Netzwerken – Ja, die Rom-Com „Purple Hearts“ konnte in den letzten Tagen und Wochen so einige Erfolge einfahren. Sogar „The Gray Man“ mit Größen wie Ryan Gosling, Chris Evans und Co. konnte der Movie-Hit von dem Thrönchen der globalen Netflix Top 10 stoßen. Aber die Geschichte von der Sängerin Cassie (Sofia Carson), die auf Grund ihrer Diabetes-Erkrankung dringend eine Krankenversicherung braucht, und deswegen eine Fake-Ehe mit dem Marine-Soldaten Luke (Nicholas Galitzine) eingeht, berührt eben. Denn auch wenn die Zwei sich anfangs nicht leiden können, verlieben sie sich natürlich ineinander, nachdem Luke verwundet von seinem Einsatz im Irak zurückkehrt, und Cassie sich um ihn kümmern muss. ‚Ne klassische „Aus Feinden werden Verliebte“-Story halt. Aber trotzdem gut gemacht für ’ne Rom-Com, die sonst ja doch gerne mal vor frauenfeindlichen und anderen Klischees nur so trieft. Wir halten also fest: „Purple Hearts“ macht vieles richtig. Die Menschen sind entzückt. Dafür sprechen auch die vielen positiven „10/10“-Wertungen und -Kommentare im Netz.

Aber leider macht der Film auch einiges falsch (was bei vielen neben der Romantik-Keule vielleicht etwas untergegangen sein könnte). Doch tatsächlich wird „Purple Hearts“ aktuell von vielen Seiten vor allem bezüglich der Darstellung der amerikanischen Militärpräsenz im Irak kritisiert (von militärischer Propaganda ist sogar die Rede). Denn was Zuschauer:innen vermittelt bekommen, ist die Message, dass die US-Marines hier in den Krieg ziehen würden, um ihr eigenes Land zu verteidigen und zu schützen. Allerdings ist das (und an dieser Stelle wollen wir gerne eine Kollegin von Refinery29 zitieren, die es perfekt zusammenfasst) „eine verstörende Behauptung, die im Film an keiner Stelle angezweifelt wird, obwohl wir heute wissen, dass die amerikanische Invasion des Irak mithilfe von Stereotypen und erdichteter Geschichten gerechtfertigt wurde“. Und darüber hinaus wird „Purple Hearts“ auch noch für rassistische Themen und Misogynie kritisiert. Jep, das passt jetzt irgendwie so gar nicht zu der Welle an positiven Reaktionen, ist aber nicht zu leugnen. Nehmen wir als Beispiel nur die Szene, in der ein Soldat aus Lukes Team mit den Worten „Auf die Araber, die wir da unten jagen werden, Baby!“ sein Glas erhebt. Cassie will daraufhin verständlicherweise die Biege machen, doch anstatt den Typen für diesen rassistischen Mist zu kritisieren, fordert Luke seine Frau auch noch auf, sich wieder hinzusetzen. Ein klares misogynes Verhalten (wenn auch das einzige von Luke in dem Film, der sich sonst ja echt sehr korrekt gegenüber Cassie verhält). „‚Purple Hearts‘ ist US-Militärpropaganda, die die Invasion und den Tod von 1,2 Millionen Iraker:innen als Rom-Com nutzt. Ganz zu schweigen davon, dass [Luke] seinen rassistischen Freund verteidigt und [Cassie] sagt, sie solle sich hinsetzen“, so nur ein Kommentar dazu auf Twitter.

Regisseurin Elizabeth Allen Rosenbaum ist sich dieser Kritik allerdings durchaus bewusst. Gegenüber Variety erklärte sie ihre Absichten: Ich hoffe, dass die Leute verstehen, dass Charaktere am Anfang fehlerhaft sein müssen, damit sie wachsen können. Also haben wir sehr bewusst zwei Charaktere geschaffen, die dazu erzogen wurden, sich gegenseitig zu hassen. Sie sind am Anfang fehlerhaft und das war Absicht. Damit das rote Herz und das blaue Herz irgendwie lila werden, müssen sie extrem sein. Einige der Menschen, mit denen sie umgeben sind, sind sogar noch fehlerhafter als sie. Beide wurden vom System vernachlässigt: Er wird in einem Krieg verletzt, der nicht zu enden scheint, und sie schlüpft durch die Ritzen des Gesundheitssystems.“ Und an dieser Stelle fügte Rosenbaum auch noch hinzu, dass eben auch das Land „sehr fehlerhaft“ sei, was man in dem Film ebenfalls zeigen wollte. „Das war der größte und wichtigste Teil des Themas. Ich hoffe, dass jeder, der in irgendeiner Weise dadurch beleidigt wird, versteht, dass unsere Absichten sehr rein sind, und das liegt daran, dass wir das Gefühl haben, dass die Menschen wachsen und moderater werden müssen.“

Hauptdarstellerin Carson unterstrich diese Punkte im Interview: „Durch die Kraft der Liebe lernen sie, mit Empathie und Mitgefühl zu führen und einander zu lieben, und verwandeln sich in diesen wunderschönen Violettton. Wir wollten beide Seiten so genau wie möglich darstellen. Was ich meiner Meinung nach als Künstlerin gelernt habe, ist, mich von all dem zu trennen und einfach darauf zu hören, was die Welt fühlt und worauf sie mit dem Film reagiert. Das war so schön überwältigend und so viele Menschen haben sich durch diesen Film gesehen oder getröstet gefühlt. Das ist alles, was wir uns als Filmemacher:innen und als Künstler:innen wünschen könnten.“

Und dennoch dürfen natürlich auch die Negativstimmen nicht ignoriert werden. Im Gegenteil: Erst sie bringen uns dazu, Dinge neu zu reflektieren, in den Diskurs zu treten und zu lernen. Und das ist verdammt wichtig! 💜

Credits: Mark Fellman/Netflix

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