Warum ihr Heidis neue Show sehen solltet, auch wenn ihr Heidi Klum nicht mögt

„Du musst viele Eier haben“, sagt Catherrine Leclery, 48, aus Köln auf der Kino-Leinwand des Berliner Zoo Palasts. Wir schauen uns gerade die Preview von „Queen of Drags“ an. 

Heidi Klum sucht die „Queen of Drags“…

Sie ist eine von zehn Kandidatinnen, die ab Donnerstag, 20:15 Uhr in Heidis neuer ProSieben-Show an den Start gehen. Die allesamt versuchen, mit Hilfe der ausgefallensten Verkleidungen und Tanzdarbietungen den Titel „Queen of Drag“ nach Hause zu holen. Nicht nur das: Auf die Gewinnerin warten außerdem 100.000 Euro, eine Kosmetik-Kampagne von M.A.C. Cosmetics, eine Reise nach New York und ein Covershooting für die deutsche Cosmopolitan.

Catherrine meint damit natürlich nur eines: Wo primäre männliche Geschlechtsorgane mit Hilfe von Klebeband abgebunden werden, damit die Verwandlung zur Frau vollständig gelingt, braucht es dennoch jede Menge Selbstwertgefühl und Durchsetzungkraft, um dem gesellschaftlichen Schubladen-Denken entgegenzutreten. Selbst im Jahr 2019 … oder gerade im Jahr 2019! 

Heidi Klum möchte dieses Problem nun also in Teilen angehen und mit ihrer neuen Castingshow der noch immer beiläufig beachteten Drag-Community eine Plattform zu geben – zur besten Sendezeit, vor einem Millionenpublikum. Der Schwenk vom zu weiten Teilen stereotypen „Germany’s Next Topmodel“ – der Suche nach dem jungen, langbeinigen, schlanken Model – hin zum, oberflächlich betrachtet, „Atypischen“, dem „Anderen“, der „Queen of Drags“, stieß im Netz auf jede Menge Gegenwehr. 

Gegenwind für die GNTM-Frau

Wie sich Heidi mit etwas beschäftigen könne, wovon sie keine Ahnung habe, hallte es vor allem aus der Drag Community. Noch eine Sendung, mit der sich die Geschäftsfrau vermarkten, mit der sie Kohle scheffeln wolle, polterte es aus der Nicht-Community. 

Selbstverständlich kann man bei dieser Einschätzung bleiben und gar nicht erst bei „Queen of Drags“ einschalten. Oder aber man schluckt seine vorgefertigte Meinung runter, übt sich in Offenheit – und wird belohnt! 

Übrigens etwas, worauf auch Heidis Co-Juroren Conchita Wurst und Bill Kaulitz pochen. Sie sind an diesem Abend persönlich zur Premiere gekommen. Es sei doch immer von Toleranz und Inklusion die Rede. Die sollte man dann doch, gerade als Teil der Community, auch Heidi Klum entgegenbringen. 

Und wenn es um Intoleranz geht, passt dazu auch ganz gut, dass Heidi selbst, die seit ein paar Monaten mit dem 16 Jahre jüngeren Tom Kaulitz verheiratet ist, in der Sendung klagt: 

„Ich muss mir sowieso so viel Verletzendes anhören. Bei mir heißt es immer, ich sei zu alt für meinen Mann.“ Ob sie damit nun bei ihren Kandidatinnen emotional andockt, sei einmal dahin gestellt. Dass auch sie mit vorgefertigten Meinungen und Rollenbildern zu kämpfen hat, dürfte dagegen unumstritten sein. 

Es geht um viel mehr als um Quoten und Schminke

Es ist einer der wenigen Momente in der ersten Dreiviertelstunde, in dem die TV-Queen überhaupt in Erscheinung tritt. Und das ist auch gut so. 

Denn „Queen of Drags“ lebt vor allem davon, dass wir die zehn Persönlichkeiten näher kennenlernen, die von den städtischen Bühnen und kleineren TV-Rollen nun das ganz große Rampenlicht suchen.

Es lebt davon, dass wir sehr eindrucksvoll vorgeführt bekommen, wie kompliziert sich beim Bezug der Luxusvilla in L.A. die Zimmerverteilung gestalten kann. Davon, wie unglaublich viele Koffer nötig sind, um all die Kostüme, Perücken und Schminke zu fassen. Und wie viel Zimmerfläche davon vereinnahmt werden kann. 😄

Wir staunen über die Bewegungen, als die zehn Drag Queens für ihre Performance vor der Jury und damit ihr Weiterkommen in der Sendung ihre Tanzschritte üben. Ganz zu schweigen von den ausgefallenen Kostümen und der Make-up-Kunst, die in den aufwendig gepflegten Gesichtern zu entdecken ist …

Wir können nachempfinden, wie groß das Bedürfnis der Drags nach ihrer „Maske“ ist und wie viel Unsicherheit mitschwingt, wenn Make-up und Frisur noch nicht aufgelegt sind. Conchita Wurst nennt es „das Make-up, das dich größer werden lässt als das Leben“.

Und wir lachen, als Teilnehmerin Bambi Mercury beim gemeinsamen Abendessen lautstark verkündet, „Wir sind Männer, wir wollen Fleisch!“, allerdings kurz darauf feststellt, dass selbiges eben gerade auf dem Grill verkohlt ist. Selbstironisch nimmt man zur Kenntnis, dass Grillen auf der Prioritätenliste der Drags nicht gerade weit oben steht. 

Bedient „Queen of Drags“ Klischees? Auf jeden Fall. Ist „Queen of Drags“ vor allem davon angetrieben, gute Einschaltquoten einzufahren und damit mehr Geld in die Kassen der Verantwortlichen, allen voran Heidi Klum, zu spülen? Mit großer Sicherheit. 

Gleichzeitig kann die die bunte, pudrige Glitzer-Drag-Welt nun auch die Wohnzimmer all jener fluten, die bislang noch keine Berührung mit ihr hatten und womöglich gefremdelt haben. 

Und die schnell feststellen werden, wie spannend es sein kann, wenn Gegensätze ineinander fließen … wenn Mannsein auch Frausein bedeutet, wenn sie verstanden haben, dass das Finden der eigenen Identität das Wichtigste für jeden Menschen ist. Und dass die Drag Queens mitunter mehr Kraft dafür gebraucht haben. 

Conchita Wurst bringt es für uns auf den Punkt: „Informationen zu transportieren, indem man unterhält, das ist der beste Weg.“

Credits: ProSieben/Martin Ehleben

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