Refugees Welcome – das „perfekte Dinner“ mit zwei Flüchtlingen, vielen Freunden und noch mehr Wein

Oh nein. Was habe ich mir da bloß eingebrockt? Eigentlich wollte ich das eben nur mal kurz in den Raum werfen, „man könnte doch auch mal etwas über diese Welcome Dinner schreiben“, aber schon sind alle meine Kolleginnen so begeistert von dem Vorschlag, dass ich aus der Nummer nicht mehr rauskomme. Okay. Koche ich halt für Flüchtlinge. Ausgerechnet ich, die sonst gerade mal Toast und Nudeln hinbekommt.

Aber was soll’s. Immerhin ist es ja für eine gute Sache, was sich die Leute vom Welcome Dinner Hamburg da überlegt haben: Auf ihrer Plattform melden sich Flüchtlinge und Zuwanderer an, die wir Hamburger dann zu uns nach Hause zum Essen einladen können. Auf diese Art sollen die Flüchtlinge Hamburg von einer anderen Seite kennen lernen und Einblicke in das Zuhause ihrer Gastgeber bekommen.

Direkt nach meinem Vorschlag für den Artikel melde ich mich auf der Website an. Die erste gute Nachricht: Der nächste mögliche Termin für ein Welcome Dinner ist gut drei Wochen später. Heißt also, es gibt ganz schön viele potenzielle Gastgeber, die da mitmachen wollen (von wegen wir Norddeutschen seien so kalt, haha). Dann heißt es warten …

Anfang der Woche, in der das Dinner stattfinden soll, meldet sich das Team vom Welcome Dinner bei mir: Sonntagabend um 18 Uhr kommen Biniam und Meskerem, zwei Jungs aus Eritrea, zu mir nach Hause. Ich soll mich bei ihnen melden um abzuklären, ob sie aus religiösen Gründen auf irgendwelche Nahrungsmittel verzichten und mir wird nahe gelegt, nicht allein zu kochen. Das soll für die Stimmung nicht so förderlich sein.

Alles klar, sage ich halt meinen Freunden und meinem Freund Bescheid. So kann ich mir auch gleich Hilfe beim Kochen holen, oder besser gesagt, es ganz auf meinen besten Freund abwälzen, der sich nebenbei eh schon für Flüchtlinge engagiert und Lust hat, zu kochen. Wird jetzt nur leider etwas schwierig mit insgesamt sieben Leuten an meinem Mini-Tisch, deshalb wird die Einladung spontan in die Wohnung meines Freundes verlagert. Ist eh besser, weil ich, wie mir beim Durchschauen der Rezepte aufgefallen ist, weder scharfe Messer noch eine Parmesanreibe besitze.

Als die Jungs um Punkt 18 Uhr vor der Tür stehen, ist das Essen noch lange nicht fertig, deshalb gibt’s als Vorspeise erst mal Wein. Biniam und Meskerem trinken gern mal einen Wein, erzählen sie. Ich bin etwas erstaunt: Weil ich (beziehungsweise Nicki ) kein Schweinefleisch machen sollte, hatte ich eigentlich erwartet, die beiden seien Muslime. „Nein, wir sind evangelisch“, erklärt mir Biniam.

 

Während wir uns Mango-Tomatensuppe, Pasta und griechischen Joghurt mit Beeren schmecken lassen (und: noch mehr Wein), erzählen Biniam und Meskerem von ihrer Flucht durch die Wüste, auf der sie jeder nur einen halben Liter Wasser am Tag hatten. Von den über tausend Flüchtlingen seien nur ein paar Hundert wieder aus der Wüste herausgekommen. Meskerem und Biniam hatten Glück und freundeten sich auf der weiteren Flucht an.

„Wieso gerade Hamburg?“, frage ich mit einem Blick auf den Schneeregen vor dem Fenster. „Ich hatte hier schon einen Freund aus Afghanistan“, erzählt mir Biniam. Meskerem und er wollten beide nach Deutschland, wegen der guten Berufschancen. „In Eritrea wird man nichts. Man geht zum Militär, etwas anderes gibt es nicht“, sagt Biniam. Ob er einen besonderen Berufswunsch hat? „Mechaniker wäre toll“, sagt Biniam, „aber erst mal lernen wir richtig Deutsch.“

In Hamburg wohnen sie jetzt in einem Container in der Nähe des Flughafens. „Dort ist es schön. Hamburg ist überall schön“, sagt Biniam. Irgendwann wollen sie sich in eigene Wohnung  suchen, wenn sie einen festen Job haben und Geld verdienen. Zeit genug haben sie dafür ja noch – die beiden sind erst 21. In dem Alter wohnten so manche Leute, mit denen ich Abitur gemacht habe, weder in einer eigenen Wohnung noch in einem Container, sondern noch zu Hause bei ihren Eltern.

„Was macht ihr denn den ganzen Tag so?“, will mein Freund von Biniam wissen. Montag bis Freitag haben Biniam und Meskerem bis mittags Sprachschule. Danach seien sie hauptsächlich bei sich im Container und kochen oder machen Hausaufgaben. „Wir hoffen, dass wir uns nächstes Jahr bewerben können“, sagt Biniam. Das dürfte bestimmt klappen; wir kommen fast ganz ohne Englisch aus und die Jungs nehmen die Sprachschule offensichtlich ziemlich ernst. „Wir können nicht so viel trinken, wir haben morgen um 9 Schule“, erklärt Biniam, als ich uns während des Essens Wein nachschenke.

Um kurz vor 22 Uhr verabschieden sich Biniam und Meskerem. Der letzte Gang ist jetzt schon eine gute Stunde her, der Wein ist leer und, genau, „morgen ist ja Schule“.

„Danke für das Essen“, schreibt mir Biniam am nächsten Tag. Es sei sehr lecker gewesen, wir seien nett und hätten geholfen beim Deutsch lernen. Kann ich nur zurückgeben, lieber Biniam, denn das Welcome Dinner Hamburg funktioniert auch anders herum: Als Gastgeber hat man endlich mal die Chance, sich sein eigenes Bild über Flüchtlinge zu machen, fernab der Medien und Armlängen-Abstand. In diesem Sinne: Cheers und auf ein weiteres!

Credit: privat

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