Ein Mann zog beim Sex heimlich das Kondom ab – und wurde erstmals für „Stealthing“ verurteilt

Schlimm genug, dass das heimliche und nicht einvernehmliche Entfernen des Kondoms beim Sex (während des Stellungswechsels) überhaupt einen Namen hat – „Stealthing“, wir berichteten –, noch schlimmer, dass es tatsächlich immer wieder Männer gibt, die eine Frau dadurch mutwillig mit Geschlechtskrankheiten oder einer ungewollten Schwangerschaft belasten könnten. Einer 21-Jährigen passierte im November 2017 genau das. Sie hatte den Mut, ihren 37-jährigen Sexualpartner für seine erniedrigende Tat büßen zu lassen. Zum Glück! Der Spiegel veröffentlichte jetzt Details zum Prozess:

Zum ersten Mal landete „Stealthing“ vor Gericht

Die junge Frau bemerkte erst nach der Ejakulation des Mannes – der ironischerweise auch noch Bundespolizist ist –, dass dieser vorher unbemerkt das Kondom abgezogen hatte. (Ohne Worte! 😡) Dieses war für sie allerdings eine im Voraus klar kommunizierte Bedingung für den Geschlechtsverkehr! Sie zeigte ihn an und erreichte, dass der Fall vor dem Amtsgericht in Berlin-Tiergarten landete. Nicht nur das: Vergangene Woche wurde der Mann dafür auch verurteilt, nämlich zu 8 Monaten auf Bewährung. Für gewöhnlich ist es in „Er sagt, Sie sagt“-Fällen immer schwer, einen Tatbestand zu beweisen – die Frau hatte aber glücklicherweise Chatverläufe auf dem Handy, in denen der Polizist zugab, was ihm vorgeworfen wurde.

Und über diesen Erfolg sind wir gottfroh, da er juristisch wegweisend ist und ein ganz klares Zeichen setzt: Stealthing IST eine Straftat!✋🏼

Das Urteil ist dennoch stark umstritten

Das Problem: Da es sich um einen Präzedenzfall handelte, musste man den Grundtatbestand erst einmal einordnen: Vergewaltigung? Körperverletzung? Sexueller Übergriff? Das Gericht entschied sich für letzteres. In einem Interview mit jetzt.de erklärte Gül Pinar, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht, Folgendes: „Eine Vergewaltigung ist eine besonders schwere Form des sexuellen Übergriffs, bei der eine Person gegen ihren Willen penetriert wird. (…) Deswegen ist es im konkreten Fall auch so schwierig, eine eindeutige Grenze zu ziehen, weil der Sex einvernehmlich war. Das Einzige, was nicht einvernehmlich war, ist, dass das Kondom abgezogen wurde.“ 

Nun könnt man aber immer noch von Körperverletzung sprechen, da die Frau dem Risiko von Geschlechtskrankheiten ausgesetzt wurde. Genau diese Frage wird aktuell am heißesten diskutiert: Es war der erste Fall dieser Art und die Entscheidung wird mit Sicherheit juristisch diskutiert werden. Ich denke, dass am Ende der Bundesgerichtshof darüber entscheiden wird, wie dieses Verhalten strafrechtlich einzuordnen ist. Es geht dabei um die grundsätzliche Frage, ob das Abziehen des Kondoms ein Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung oder in die körperliche Unversehrtheit ist.“, äußert die Anwältin hierzu. (Ginge es nach uns, dann wäre definitiv beides der Fall…)
Ihr seht, auf diesem Gebiet besteht noch eine ganze Menge Klärungsbedarf. Zwei Dinge stehen aber fest: Sex sollte IMMER etwas sein, bei dem sich beide Parteien vertrauen und miteinander wohlfühlen. Das Urteil mag zu Recht heiß diskutiert werden, dennoch ist es ein großer (Fort-)Schritt in die richtige Richtung. 👏🏼
Credits: Pixabay, Spiegel

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