Zufällig sitze ich hier gerade mit einem Spitzentanga, den ich heute Morgen blind vor Müdigkeit aus der Schublade gezogen habe. Würde ich heute Abend nach der Arbeit noch etwas trinken gehen, könnten Männer – die gar nicht wissen, was ich drunter trage (wie auch, wenn sie das hier nicht gerade lesen) – das als Aufforderung verstehen, mich zu vergewaltigen.
Genau das – überspitzt beschrieben – suggeriert aktuell die Aussage einer Anwältin aus Irland.
Die Frau verteidigte einen 27-jährigen Mann aus Cork, dem eine 17-Jährige vorgeworfen hatte, sie in einer Gasse vergewaltigt zu haben. Der Mann wies jeden Vorwurf von sich, sprach von einvernehmlichem Sex, davon, dass sie sich geküsst und sich zueinander hingezogen gefühlt hätten.
Dem widersprach der einzige Zeuge in diesem inzwischen abgeschlossenen Gerichtsprozess: Er will gesehen haben, dass der Angeklagte das Mädchen gewürgt und 30 Meter zum Tatort geschleift haben soll.
Für die eigentliche angebliche Tat waren allerdings keine Zeugen zu finden – die 12-köpfige Jury, bestehend aus acht Männern und vier Frauen, entschied für den 27-Jährigen. Freispruch.
„Sie müssen beachten, wie sie gekleidet war“
Das Haarsträubende und ja, das Gefährliche an diesem Fall: Die Strafverteidigerin Elizabeth O’Connell hatte in ihrem Schlussplädoyer argumentiert, das Mädchen habe den Mann mit ihrer Reizwäsche förmlich zum Sex aufgefordert.
“Schließt das die Möglichkeit aus, dass sie den Angeklagten attraktiv fand und offen war, mit ihm zusammen zu sein? Sie müssen beachten, wie sie gekleidet war. Sie trug einen String-Tanga mit einer Vorderseite aus Spitze“, zitiert der Irish Examiner O’Connell.
Völlig zurecht schlägt diese Äußerung der VerteidigerIN (!) immer höhere Wellen. Immer mehr Frauen setzen sich gegen diese schlicht pauschalisierende Aussage zur Wehr, die noch dazu dem Mädchen den Ansatz einer Schuld zuschreibt. Als sei aufreizende Unterwäsche an sich schon als „Ja“ zum Sex zu verstehen – wie ein kurzer Rock oder ein knappes Shirt.
#ThisIsNotConsent: Reizwäsche ist kein Einverständnis!
Unter dem Hashtag #ThisIsNotConsent (dt.: „Das ist kein Einverständnis“) und #IBelieveHer posten Hunderte Frauen Fotos von Tangas, um gegen diese himmelschreiende Ungerechtigkeit vorzugehen.