Wie es ist, wenn … dein Arbeitgeber deine Handschrift analysieren will

Rrrriiing. Eine UK-Nummer ruft an. Sofort fängt mein Herz an zu rasen. Wenn man in der Bewerbungsphase steckt, zuckt man bei jeder Email und jedem Anruf zusammen, der Traumjob könnte ja dran sein. Und tatsächlich, es ist die Human Resources-Abteilung meines absoluten Wunsch-Unternehmens in London. OMG!

Nach ein paar Minuten Smalltalk wird es ernst und ich werde gebeten, kurz was über mich zu erzählen. Stolz und sicher (denn die Sätze habe ich perfekt verinnerlicht) berichte ich von meinem bisherigen Werdegang: Abitur, Bachelor-Studium, drei Jahre Berufserfahrung und ein Master in England. Am anderen Ende der Leitung höre ich ein ermutigendes „Aha“. #LäuftBeiMir!

Vor meinem inneren Auge sehe ich mich schon in London. Ich habe eine kleine gemütliche Wohnung, am Wochenende gehe ich erst zu Harrods und dann ins Pub. Oder umgekehrt? Gerade, als ich mir überlege, was ich an meinem ersten Tag bloß anziehen soll, werde ich jäh aus meinen Tagträumen gerissen.

» Welche sexuelle Orientierung haben Sie? «

„Welche sexuelle Orientierung haben Sie?“, fragt die Stimme am Telefon. Wie bitte? Was hat das denn jetzt mit meinem Job zu tun? Na gut, ich stand früher mal auf Justin Bieber, aber das sagt doch nichts über meine Qualifikation aus, oder? Oder?! Ich atme tief durch und erzähle so ruhig und knapp wie möglich, dass ich einen Freund habe und sehr happy bin. Doch die Stimme lässt nicht locker:

„Und welcher Religion gehören Sie an?“ „Ähm, ich gehe eigentlich nur an Weihnachten in die Kirche“, versuche ich zu scherzen, doch mit der Dame ist nicht zu spaßen. „Würden Sie sagen, dass Ihre Religion Ihren Alltag stark beeinträchtigt?“ Hä? Meint sie an Weihnachten? Ich verstehe nur Bahnhof und stammle irgendwas Unverständliches. Die Stimme klingt zufrieden.

„Eine letzte Frage. Würden Sie mir bitte Ihren Namen und Ihre Adresse per Hand aufschreiben und mir einen Scan als E-Mail schicken?“, tönt es aus dem Hörer. Ich habe von solchen Fragen gehört. Das ist bestimmt ein Test um zu checken, wie weit ich für meinen Traumjob gehen würde. Jetzt bloß nicht aufgeben: „Wofür brauchen Sie das denn?“, frage ich selbstbewusst. „Na, für die Handschriften-Analyse“, antwortet die Stimme. Für die … was?! Ich verspreche, mich zeitnah per E-Mail zu melden und beende das Gespräch.

Nach dem Auflegen muss ich mich erst mal beruhigen. Das ging alles viiiel zu schnell. Hab ich alles richtig gemacht? Sind solche Fragen vielleicht heutzutage normal? Hätte ich sie einfach beantworten sollen? Oder hab ich eh schon zu viel gesagt?

Nach einem Gespräch mit meiner besten Freundin (die meine sexuelle Orientierung zum Glück schon kennt) und zwei Gin Tonic sehe ich wieder klar: Traumjob hin oder her, das geht zu weit. Noch am selben Abend schreib ich eine E-Mail, ohne Scan meiner Handschrift, dafür mit einer Absage.

Ich glaube, wir hätten nicht zusammen gepasst. Und das habe ich auch ohne Handschrift-Analyse rausgefunden …

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