Ich beschließe, aufs WC zu gehen. Schiebe mich an einer Gruppe Mädels vorbei, die sich am Zigarettenautomat drängt. Gerade als ich die Tür öffnen will, versperrt mir eine Hand den Weg. „Hast du meine Freundin gerade blöde Kuh genannt?!“
Vor mir steht ein etwa 30-Jähriger. Die Schultern breit, die Augen stechend, die Faust geballt. Schlagartig sind alle Augen auf uns beide gerichtet. Die anderen hören auf zu reden und schauen uns gespannt an. Bevor ich antworten kann, spüre ich einen Schlag an meinem Kinn. Ich kann mich kaum auf den Beinen halten. Mir ist schwindlig. Mann, tut das weh. Ich fühle mich, als hätte mich ein Bus überfahren. Sicher hilft mir gleich jemand, hier sind doch so viele Leute. Aber nichts passiert. Sie stehen und gucken nur.
„Sag, dass es dir leid tut, sonst verpasse ich dir noch eine“, zischt der Typ mir zu. „Es tut mir leid“, stammle ich schnell. Der Kerl scheint zufrieden. Rempelt mich im Vorbeigehen nochmal mit der Schulter an und geht zurück Richtung Bar.
Ich hingegen kann mich gar nicht mehr bewegen. Bin geschockt. Versteinert. Was ist hier gerade passiert? Ich wurde ins Gesicht geschlagen. Von einem Typ. Doch das ist nicht das Schlimmste: Alle haben zugeguckt. Keiner hat versucht, mir zu helfen. Auch, als es vorbei ist, fragt mich keiner, ob alles okay ist. Und der Typ darf in Ruhe weiter feiern, auch, wenn ein paar Leute nun Sicherheitsabstand halten. Heute weiß ich, warum: Sie hatten Angst. Nicht alle sind so mutig wie Tuğçe Albayrak es war.