Wie wird man eigentlich Trend-Scout in Hong Kong?

Das Glück, direkt nach der Uni den Traumjob zu bekommen haben nur Wenige. Carolin Hartwich ist eine davon. Als eine der jüngsten Trend-Scouts Deutschlands arbeitet sie seit fast zwei Jahren in Hong Kong. Wie sie dort gelandet ist, was sie als Trend-Scout macht und was diesen Sommer in sein wird, erfahrt ihr hier im exklusiven Très Click Interview:

Wie wird man Trend-Scout in Hongkong?

Nach meinem Abitur in Hamburg habe ich an der AMD in München studiert. Mode- und Designmanagement mit den Schwerpunkten Produktentwicklung und Trendanalyse. Nach einem Urlaub in Asien wusste ich, dass ich gerne in Hong Kong arbeiten möchte. Darum habe ich schon während der Uni-Zeit versucht, dort ein Praktikum zu machen.

Bekommen hab‘ ich dann einen Platz in Hangzhou (in der Nähe von Shanghai). Auch wenn es noch nicht HK war, hab ich’s sofort angenommen, um schon mal erste Asien-Erfahrungen zu sammeln. Und 2013 ging’s dann endlich nach Hong Kong.

Was muss ein Trend-Scout können?

Man muss eine absolute Leidenschaft für Mode haben. Und auch ein Talent dafür zu erkennen, was neu, interessant und relevant für den europäischen Markt sein könnte.

Ist es dir schwer gefallen, Deutschland zu verlassen?

Ehrlich gesagt, nein! Ich hatte mich so in Hong Kong verliebt, dass ich unbedingt dahin wollte und meine Familie hat mich auch von Anfang an unterstützt. Und dank Face Time, Skype und Whats App wissen wir eigentlich jeden Tag, was wir alle so machen. Trotz 7 Stunden Zeitunterschied.

Warum ausgerechnet Hongkong?

Hong Kong ist für mich die aufregendste Stadt ever! Das Besondere: Hier prallen zwei komplett unterschiedliche Welten aufeinander. Auf der einen Seite ist da Hong Kong Island mit den Wolkenkratzern, Nobel-Clubs und Luxus-Malls. Auf der anderen Seite (wortwörtlich) pulsiert das authentische HK-Leben mit Local-Malls, Street Food und den typischen, eng aneinander gebauten Häusern. Die Stadt ist ein Mix aus arm, reich, modern, traditionell, international und local – und genau das liebe ich!

Musst du auch privat Trend-Ratgeber sein?

Wenn mich meine Familie oder Freunde besuchen und wir unterwegs sind, dann fragen sie mich immer, was sie kaufen sollen. Es gibt hier echt viele Hidden-Spots, die die neuesten, coolsten Sachen haben und ich bin ständig Personal Shopper. Aber ich krieg auch viele Whats Apps aus Deutschland, mit Outfit-Fotos und dann soll ich sagen to-buy or not-to-buy.

Wie beeinflusst deine Arbeit deinen eigenen Stil?

Ich denke, dass mein Stil mutiger geworden ist. In Hong Kong gibt es keine schiefen Blicke auf der Strasse, sobald man etwas schriller angezogen ist. Hier läuft jeder rum, wie er will. Und das liebe ich an Hong Kong.

Was sind deine Lieblingslabels?

Alexander Wang, Sacai und Phillip Lim.

Wie sieht dein Alltag aus?

Ich bin mehrmals in der Woche in der kompletten Stadt unterwegs. Da bin ich dann von morgens bis abends in verschiedenen Districts und mache von Street Styles, Interior, Architektur und Materialien Fotos. An den Tagen, an denen ich im Office bin, erstelle ich Reports über die Themen, die ich draußen gesehen habe. Außerdem mache ich viel Research und Forecasts auf Blogs sowie Trendportalen.

Welche Trends konntest du bisher schon in Hongkong entdecken?

Also Hong Kong ist so circa neun Monate voraus. Darum habe ich den Transparent-Trend hier schon 2013 in den Local Shops gesehen. Von organza-überzogenen T-Shirts und Pullis, bis hin zu Patchwork-Styles mit Organza oder Mesh. Sowas hatte ich vorher noch nie gesehen, fand’s mega cool und 2014 war der Trend dann auch in Deutschland angekommen.   

In welchen Stadtteilen recherchierst du am meisten?

Ich gehe am liebsten in die Local-Malls in Mongkok, Prince Edward und Kwai Fong. Aber ich muss natürlich auch die großen, internationalen Marken im Auge behalten. Dafür gehe ich dann nach Causeway Bay, Tsim Sha Tsui und Soho. Außerdem fliege ich regelmässig nach Tokio und Seoul.

Was ist das Beste und was ist das Schlimmste an deinem Job?

Das Coolste ist, dass ich meinen Traumjob in meiner Traumstadt bekommen habe! Ich bin viel unterwegs, also nicht 24/7 an meinen Schreibtisch gefesselt. Aber das kann auch ganz schön anstrengend sein. Hektik, Lärm, Enge und vor allem irgendwann so ein Reizüberfluss, dass man die Tage am Schreibtisch zwischendurch echt braucht. Aber auch, wenn es manchmal sehr anstrengend ist, vergisst man es schnell, wenn man aus dem Büro-Fenster guckt und die atemberaubende Skyline sieht!

Was sind deine absoluten Lieblings-Hot-Spots? 

Also für ein leckeres Frühstück bin ich gerne im Kinsale oder Oolaa. Unbedingt die Eggs Benedict bestellen. Zum Lunchen gehe ich oft ins Mana, denn das ist der leckerste, gemütlichste und coolste Organic-Laden. Für ein asiatisches Dinner unbedingt ins Chom Chom gehen. Mein absolutes Lieblingsrestaurant ist aber das La Vache. Das Konzept ist einfach genial, denn es gibt nur ein Gericht: Steak. Und dazu die beste S0ße, die ich je gegessen habe. Danach Drinks im Brickhouse oder Salon No. 10.

Was wird nächste Saison Trend?

Ich habe hier viele Pieces gesichtet, die an Geishas und Mönche erinnern (weite Schnitte und asiatische Prints). Ich habe diesen Trend Sense of ZEN genannt, denn insgesamt wird es diesen Sommer weit und groß: Culottes und Flares sind nur die Vorboten dieses Trends. Weite Shirts, Mäntel und Röcke mit over-over-size Taschen werden folgen.

Klingt gut. Was würdest du Menschen raten, die von so einem Traumjob träumen?

Anstatt sich auf zig Sachen zu bewerben, die man sich „irgendwie“ vorstellen kann, würde ich meine ganze Leidenschaft, Kraft und Zeit in eine Bewerbung investieren. Ich glaube, dass Arbeitgeber merken, ob du für diese eine Stelle brennst, oder nicht! Und ich habe für meinen Job nicht nur gebrannt, sondern stand komplett in Flammen!

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