Angela Regenbrecht

| 22.07.2025 | by Ninon

Dieser Mann ist verantwortlich für jede zehnte Ehe in Amerika – wir haben ihn getroffen

Was, wenn dein Liebesleben nicht nur durch ein gutes Selfie, sondern durch ein paar Zeilen Code für immer verändert wird? So ähnlich war es bei Justin McLeod. Der Gründer von Hinge wollte 2011 eigentlich nur eine Freundin – und hat stattdessen eine der erfolgreichsten Dating-Apps unserer Zeit gebaut.

Heute beginnt in den USA jede zehnte Ehe auf Hinge. Nicht auf Tinder, nicht auf Bumble – auf einer App, die sich das genaue Gegenteil zum Ziel gesetzt hat: gelöscht zu werden. Denn wer sie nutzt, soll jemanden finden. Und dann Schluss machen. Mit der App.

Wir haben Justin in einem sehr ehrlichen Gespräch getroffen – und mit ihm über Mut, Ehrlichkeit, Liebe und die Frage gesprochen, wie Künstliche Intelligenz unsere Datingwelt verändert.

„Ich wollte einfach nur eine Freundin.“

Justin McLeod

Très Click: Wie kam dir die Idee zu Hinge?
Justin McLeod: Das war 2011, ich war damals an der Business School und ich wollte einfach eine Freundin.

Très Click: Und wie entstand der Name?
Justin McLeod: Eigentlich war es nur ein Arbeitstitel. Ich habe damals viel zu Markenrecht recherchiert. Die Grundidee war „Friends of Friends“. Und da kam mir „Hinge“ in den Sinn. Das ist Englisch für „Scharnier“. Es blieb einfach hängen.

Très Click: Was unterscheidet Hinge von anderen Apps?
Justin McLeod: Ich sehe Hinge fast als eigene Kategorie. Anfangs wollten wir einfach Leuten helfen, „ihren Menschen“ zu finden. Aber dann wollten Investoren plötzlich wissen, wie lange die Leute die App nutzen, wie hoch das Engagement ist. Also haben wir das Produkt daran angepasst und irgendwann gemerkt: Das ist gar nicht die Firma, die ich gründen wollte! Also haben wir alles eingestampft und neu gebaut. Mit dem Fokus: Kriegen wir die Leute auf gute Dates?

Hinge setzt auf Authentizität bei Usern

Très Click: Das klingt mutig! War das nicht beängstigend?
Justin McLeod: Klar, es war nicht einfach. Aber es war notwendig.

Très Click: Hattest du einen Tech-Background?
Justin McLeod: Nicht wirklich. Ich war eher kreativ, aber ich habe als Kind programmiert. Ich liebe Algorithmen.

Très Click: Der Slogan „designed to be deleted“. Ist das von dir?
Justin McLeod: Der kam von einer Agentur. Ich mochte ihn anfangs gar nicht (lacht). Jetzt liebe ich ihn. Die Community auch.

Très Click: Jede zehnte Ehe in den USA beginnt mit Hinge. Was fühlt man da?
Justin McLeod: Es ist unglaublich. Wir haben im Büro eine riesige Wand voller Hochzeitseinladungen und Briefe. Das ist schon sehr besonders.

Mein Cousin, mein bester Freund - alle haben ihre Partner auf Hinge gefunden

Justin McLeod

Très Click: Gehst du manchmal zu Hinge-Hochzeiten?
Justin McLeod: Ich war schon auf vielen, von Freunden. Mein Cousin, mein bester Freund – alle haben ihre Partner über Hinge gefunden. Bei Fremden war ich aber noch nie, auch wenn ich schon mal drüber nachgedacht habe (lacht).

Très Click: Gibt es eine Love Story, die dir besonders im Kopf geblieben ist?
Justin McLeod: Ja, eine Frau in UK, die ihre Gehfähigkeit verloren hatte. Anfangs hat sie das in ihrem Profil versteckt. Später hat sie es offen kommuniziert – und dadurch den passenden Partner gefunden. Es gibt Millionen solcher Geschichten.

Bessere Prompts sollen - auch dank KI - für bessere Dates sorgen

Très Click: Denkst du, dass Ehrlichkeit beim Dating entscheidend ist?
Justin McLeod: Absolut. Mein Tipp: Sei ehrlich. Versuch nicht, jemand zu sein, der mehr Matches bekommt. Sei du selbst.

Très Click: Alle reden gerade über KI. Wie verändert sie das Dating?
Justin McLeod: Sie ist überall. Vom Code bis zur Sicherheit. Die zwei großen Bereiche sind: Personalisierte Matches und effektives Coaching. Heute ist Hinge schon sehr effektiv, aber es braucht oft noch viele Schritte, bis man die richtige Person findet. KI wird helfen, viel tiefergehende Infos zu sammeln: Was sind deine Werte, Erwartungen, Vorlieben? Daraus können wir viel präzisere Empfehlungen geben.

Der zweite Punkt: Viele strugglen mit dem ersten Match oder Date. Wir wollen helfen, dass sie sich von ihrer besten Seite zeigen – ohne unnatürlich zu wirken.

Très Click: Das klingt ein bisschen gruselig. Ich will nicht, dass jemand plötzlich super witty klingt, nur weil KI geholfen hat.
Justin McLeod: Nein, keine Sorge. Es geht nicht darum, dich zu verändern. Sondern dir zu helfen, deine echten Gedanken besser auszudrücken. Die KI sagt z. B.: „Geh da mal mehr ins Detail“ oder „Was meinst du genau damit?“, damit dein Profil mehr Tiefe bekommt.

Très Click: Vielen Dank für das Gespräch!

Was bleibt

Manchmal beginnt eine gute Liebesgeschichte nicht mit einem Funken, sondern mit einem Algorithmus. Hinge zeigt, wie Technik Nähe schaffen kann, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.
Dass Justin McLeod lieber Hochzeitseinladungen sammelt als Nutzerzahlen zu feiern, sagt vielleicht alles.
Und wer weiß: Vielleicht hast auch du dein nächstes Date einer App zu verdanken, die gar nicht will, dass du sie behältst.

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